Vivaldi, Antonio
Oboe Concertos
Der ungarische Oboist Lajos Lencsés gehört zu den international renommiertesten Vertretern seines Faches. Neben seiner Orchestertätigkeit 37 Jahre war er Solo-Oboist des Stuttgarter Radio-Sinfonieorchesters des SWR ist er stets auch mit großem Erfolg als Solist aufgetreten und hat eine immense Zahl von CDs eingespielt. Seine jüngste Aufnahme ist den Oboenkonzerten Antonio Vivaldis gewidmet. Diese gehören zum Standardrepertoire der Oboisten, denn der rote Priester hat unter seinen vielen Hundert Instrumentalkonzerten nicht wenige und eine Reihe besonders schöner der Oboe gewidmet. In seinem sehr persönlichen und emphatischen Einführungstext im Booklet bekennt Lencsés seine Verbundenheit mit dieser Musik und seine Begeisterung für sie. Er betont dabei auch die Vielfalt dieses Repertoires. Nein, Vivaldi habe nicht 600 Mal das gleiche Konzert geschrieben. Die vorliegende CD ist in der Tat der klingende Beweis für diese Einsicht.
Lajos Lencsés weiß jedem einzelnen der hier eingespielten sechs Konzerte eine eigene Farbe zu geben und dessen individuelles Profil herauszuarbeiten. Zu hören sind die Konzerte in C-Dur RV 178, 447 und 452 hier begleiten Streicher des RSO Stuttgart mit Emily Körner als Konzertmeisterin sowie in D-Dur RV 453, in a-Moll RV 461 und in B-Dur RV 548, bei dem an die Seite der Oboe eine Solovioline tritt. Sie wird von Christophe Bianco gespielt, es begleitet das Ensemble La Follia unter Miguel de la Fuente. Die Aufnahmen mit La Follia entstanden schon 1987 in Mulhouse im Elsass, die C-Dur-Konzerte im Mai 2009 in Stuttgart.
Vor allem bei den Orchestern ist der Unterschied deutlich zu erkennen. Die Streicherinnen des RSO nahezu alles Musikerinnen, so wie weiland bei Vivaldi in seinem venezianischen Waisenhaus für Mädchen beweisen ihre Kunst im vibratolosen historisch informierten Klang und spielen mit trockener Brillanz und sehr beredt in der Phrasierung. Auch La Follia spielt stilbewusst, aber mit fülligerem Ton und mehr auf die große Linie bedacht.
Lajos Lencsés beweist in diesen Aufnahmen nicht nur seine stupende Virtuosität, sondern vor allem seine bestechende Gestaltungskunst. Er ist ein Meister des impulsiven, animierend lebendigen Spiels, der subtilen Phrasierung sowie einer ausdrucksvollen, an eleganten wie sensiblen Nuancen reichen Klangrede. Diese zwingende Präsenz und Deutlichkeit des Vortrags ruft in jedem Satz eine unverwechselbare Stimmung und Aussage hervor und entfaltet so eine schillernde Vielfalt an musikalischen Charakteren.
Karl Georg Berg