Schönberg, Arnold / Johann Sebastian Bach

5 Orchesterstücke op. 16/6 Lieder op. 8/Notturno for Harp, Solo Violin and Strings/Prelude and Fugue BWV 552

Rubrik: CDs
Verlag/Label: MDG 937 1584-6
erschienen in: das Orchester 05/2010 , Seite 73

Die vorliegenden Aufnahmen bieten einen interessanten Einblick in vornehmlich frühe Arbeiten eines der wichtigsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Das spätromantische Notturno entstand bereits 1896, als Schönberg Chormeister beim Arbeitergesangsverein „Freisinn“ in Mödling bei Wien war. Im Jahr zuvor hatte er Alexander von Zemlinsky kennen gelernt, der den hochbegabten, aber noch zu wenig ausgebildeten Musiker vor allem in Satztechnik und Harmonielehre unterwies. Harfe (Johanna Reithmayer) und Solovioline (Liviu Casleanu) sind in den Orchesterklang integriert. Die lange verschollene Partitur konnte erst 2001 – nach ihrer Identifizierung – bei der Universal Edition erscheinen.
Die Sechs Orchesterlieder op. 8 entstanden zwischen 1903 und 1905. Sie zeigen – wenige Jahre nach dem Notturno – einen jungen Meister, der nicht nur in der Liedkunst Erfahrungen gesammelt hatte, sondern auch mit dem Streichsextett Verklärte Nacht op. 4 und der sinfonischen Dichtung Pelleas und Melisande op. 5 bedeutende Schöpfungen vorgelegt hatte. Der Komponist hatte sich u.a. mit Mahler und Strauss beschäftigt und sich selbstständig weiterentwickelt.
Schönberg schrieb die Fünf Orchesterstücke op. 16, die zu einem seiner Hauptwerke wurden, 1909 in einer intensiven Schaffensperiode. Der Komponist spricht selbst von einer Musik, die „auf ein tonales Zentrum verzichtet“, und benutzt Formulierungen wie „äußerste Ausdrucksstärke“ sowie „außerordentliche Kürze.“ Nur zögerlich hat er den Fünf Orchesterstücken auf Bitten seines Verlegers Henri Hinrichsen Überschriften hinzugefügt.
Die Instrumentation von Bachs Präludium und Fuge Es-Dur für Orgel BWV 552 aus dem dritten Teil der Clavier-Übung entstand 1928, als Schönberg gleichzeitig die Variationen für Orchester op. 31 komponierte. Zu Letzteren schreibt Manuel Gervink in seinem Buch Arnold Schönberg und seine Zeit u.a.: „Die Reihe ist so angelegt, dass im Werk die Bildung des Motivs B-A-C-H ermöglicht wird“, und weist darauf hin, dass der Komponist darin „tatsächlich eine Hommage an Bach“ sah. Der auffälligste Punkt der Studie nach Bachs BWV 552 ist ein ständiger Instrumentenwechsel, auch innerhalb kurzer Abschnitte, durch den „Klangfarbenmelodien“ entstehen. Diese Art von Behandlung ist dem Impetus und dem großen Bogen, der Bachs Original eigen ist, nicht dienlich. Bachs Präludium und Fuge hat Ferruccio Busoni in überzeugender Weise „Zum Konzertgebrauche für Pianoforte frei bearbeitet“.
Die vorliegenden Aufnahmen bestätigen die intensive Arbeit des renommierten Bonner Beethoven Orchesters und seines Dirigenten Stefan Blunier. Das wird besonders deutlich in den durchsichtigen und differenziert abgestuften Fünf Orchesterstücken. Manuela Uhl, die dem Ensemble der Deutschen Oper Berlin angehört, ist den schwierigen Liedern von Schönberg eine sehr gute Interpretin. Sie belegt, dass sie zu Recht mit
Partien wie u.a. Daphne, Danae und Salome berühmt geworden ist. Die Veröffentlichung ist empfehlenswert, nicht zuletzt durch den sehr qualitätvollen Einführungstext von Manuel Gervink.
Peter Roggenkamp

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