Mendelssohn Bartholdy, Felix

Die Soldatenliebschaft

Rubrik: CDs
Verlag/Label: querstand VKJK 0907
erschienen in: das Orchester 02/2010 , Seite 72

Abraham Mendelssohn hätte seinen elfjährigen Sohn gewiss gerne auch bereits Opern komponieren sehen. Und ein klein wenig dürfte er dem Wunsch wohl auch nachgeholfen haben. Als er und der Gerichtsmediziner Johann Ludwig Casper im Sommer 1820 aus Paris, wo beide einige Vaudeville-Komödien auf der Bühne gesehen hatten, deren Textbücher mit nach Hause brachten, erarbeitete Johann Ludwig Casper aus den Vorlagen eine eigene Handlungszusammenstellung. Sein Libretto Die Soldatenliebschaft, das Felix in die Hand bekommen hatte, spielt im von Napoleons Truppen besetzten Spanien und handelt von der Liebe: Felix, ein französischer Oberst, verliebt sich in die spanische Gräfin Elvire, Victor, Soldat in Felix’ Regiment, bandelt mit Elvires Zofe Zerbine an – und beide Liebespaare trennt ihre unterschiedliche Klassenzugehörigkeit.
An der musikalischen Umsetzung des Handlungsverlaufs, zu dem noch der Gärtner Tonio beiträgt, der – selbst in Zerbine verliebt – mit List und Tücke das Geheimnis um die beiden Liebespaare lüften will, soll Mendelssohn ohne jede Unterstützung anderer gearbeitet haben und am 11. Dezember überraschte er seinen Vater zu dessen 44. Geburtstag mit einem einaktigen Singspiel, bestehend aus Ouvertüre und 14 mit gesprochenen Dialogen versehenen Gesangsnummern. Es wurde zunächst nur mit Klavier aufgeführt, doch zu Felix’ eigenem 12. Geburtstag am 3. Februar 1821 ermöglichten die Eltern ihm eine Wiederholung mit Orchestermusikern. Die Mutter war mächtig stolz auf ihren Sohn: „die Instrumentation [ist] von einer Einsicht, die […] ans Unglaubliche grenzt.“
Und tatsächlich erweist sich schon die Ouvertüre dieses Singspiels von einer klanglichen Raffinesse, die, denkt man an das noch jugendliche Alter des Komponisten, in allergrößtes Erstaunen versetzen muss. Eric Solén und das Philharmonische Orchester Altenburg-Gera arbeiten deren feingliedrige Textur mit sorgfältiger tonlicher Rundung und reizvoller figürlicher Schärfe und Prägnanz heraus. Auch die Gesangsnummern – Mendelssohn schrieb für die handelnden Personen Ensembles wie Solostücke, wobei er sich, wer wollte es ihm verdenken, einige musikalische Anleihen an Mozarts stilistischen Charakteristika erlaubt – werden von den Instrumentalisten wie den Sängerinnen und Sängern dieser CD-Einspielung (Gerlinde Illich, LinLin Fan, Joan Ribalta, Bernardo Kim, Serge Novique) engagiert und ausdrucksstark zum Klingen gebracht. Die gesprochenen Dialoge, die durch überleitende Texte noch erweitert wurden, schaffen in dieser Einspielung, die auf einer szenischen Aufführung basiert, einen einheitsstiftenden Entwicklungsbogen.
Auf der Bühne mag das samt nachgeahmtem Hundegebell und Glöckchenklingelingeling viel Publikumsinteresse gefunden haben, doch ob beim erneuten Wiederhören der CD außer der Musik auch all dies Beiwerk immer wieder erfreuen wird, bleibt fraglich. Doch man kann den CD-Player ja vor dem Abspielen auch entsprechend programmieren…
Thomas Bopp

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