Burgmüller, Norbert

Konzert für Klavier und Orchester fis-Moll op. 1

Partitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Dohr, Köln 2009
erschienen in: das Orchester 02/2010 , Seite 68

Ein Klavierkonzert in der Tonart fis-Moll ist bereits etwas Besonderes. In der vorliegenden Ausgabe stammt es vom Düsseldorfer Norbert Burgmüller (1810-1836), der mit gerade 26 Jahren in Aachen bei einem Kuraufenthalt ertrank. Der von epileptischen Anfällen gebeutelte, jedoch frühgeniale Komponist war Sohn des Düsseldorfer Musikdirektors August Burgmüller. Obwohl er zurückgezogen lebte, hatte er Kontakte zu musikalischen Größen seiner Zeit, etwa zu Louis Spohr (bei dem er in Kassel studierte) oder zu Felix Mendelssohn (der einige Werke von ihm aufführte). Mendelssohn spielte auch das 1828/29 entstandene fis-Moll-Klavierkonzert op. 1 in einer historisch bedeutenden Düsseldorfer Aufführung am 3. Mai 1834. Die Uraufführung war zuvor am 14. Januar 1830 unter Louis Spohr in Kassel erfolgt. Dabei gestaltete Burgmüller selbst den Klavierpart und bewies nach Aussage der Leipziger Allgemeinen musikalischen Zeitung eine „ausgezeichnete Fingerfertigkeit und viel Geschmack in seinem Vortrage“.
Bereits die große Orchesterbesetzung mit drei Posaunen verrät eine symphonische Anlage des Werks. Nach einem kurzen Tutti-Vorhang baut sich die Orchesterexposition vom pp zum ff wirkungsvoll auf. Der Bläsersatz ist dicht verwoben, führte allerdings zur zeitgenössischen Kritik, das Werk sei „ein wenig zu stark instrumentiert“, die der Herausgeber und Burgmüller-Experte Klaus Martin Kopitz im Vorwort zitiert. Durch seine symphonische Kraft und das ausgedehnte Cello-Solo des zweiten Satzes weist das Werk bereits auf die Hochromantik und Johannes Brahms. Der Klaviersatz folgt nicht anbiedernd dem brillanten Stil der Zeit, sondern besitzt eine charakteristische Kontur. Ein gutes Beispiel ist der dolce einsetzende Solo-Eintritt des Solisten in Takt 115. Das marschartige Thema wird leise angekündigt, intensiviert, verkürzt und dynamisch gesteigert. Anschließend stürzt es herrisch in die Tiefe, um sich dann in sanften Diskant-Girlanden zu verflüchtigen.
Pomp und Zartheit halten sich die Waage. Der Klavierpart ist anspruchsvoll, aber kaum hochvirtuos zu nennen, wobei die Bauart und Lautstärke der damaligen Klaviere berücksichtigt werden muss. Clara Schumann bewegte sich schon in einer nach-lisztschen Epoche des Klavierspiels, als sie 1861 an Burgmüllers fis-Moll-Konzert „die technische Behandlung des Klaviers“ als veraltet einstufte. Doch wie die im Verlag Dohr erschienene Publikation nun beweist, ging es Burgmüller um kein Showstück für Fingerakrobatiker, sondern um das symphonische Miteinander von Solist und Orchester. Darin zeigt sich der Komponist geradezu visionär für nachfolgende Zeiten. Nachdem 1863 die Solostimme, Orchestermaterial und eine Bearbeitung für zwei Klaviere gedruckt wurden, kam es zu vermehrten Aufführungen, sogar in New York und Boston. Die Partitur wird in der Reihe „Denkmäler Rheinischer Musik“ (Band 32) erstmals vorgelegt. Kopitz’ Editionsbericht weist u.a. darauf hin, dass Burgmüllers lang gezogene Marcato-Zeichen wie eine Decrescendo-Gabel gelesen werden können.
Matthias Corvin

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