Schubert, Franz / Robert Schumann

Quintett A-Dur “Die Forelle” / Klavierquintett Es-Dur

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Solo Musica SM 133
erschienen in: das Orchester 09/2009 , Seite 71

Zugegeben: Aufnahmen von der fischig-fröhlichen Schubert-Forelle gibt es zigfach. Also ist diese Interpretation durch das Carmina Quartett überflüssig? Wer Sensationen erwartet, liegt falsch. Es handelt sich in beiden Fällen (Schubert/Schumann) um gediegene, homogene, überzeugende Einspielungen mit einer Frische und einem unprätentiösen Vorwärtsdrang, wie es beiden Stücken gut steht. Denn sie stammen aus Lebensphasen, in denen es den beiden Komponisten gesundheitlich und sozial gut ging, in denen sie Hoffnung im Herzen trugen, in denen sie ihre romantische Ader mit ihrem Musiktalent ausleben konnten.
Franz Schuberts „Forelle“ op. 114 (1818/19) entstand im Nachklang auf die Ferienidylle bei Mäzen und Musikkenner Sylvester Paumgartner, in dessen Haus die berühmten Soireen Keimzelle für viele Komponistenbegegnungen waren. Das opulent ausgestattete Quintett mit der „luxuriösen“ Zusatzbesetzung Kontrabass dürfte seine Anregung für ein ähnliches Konzept beim Zeitgenossen Nepomuk Hummel bekommen haben. Es schwelgt in munter daherperlenden Melodien: Die Forelle, das Wasser, die Natur wird zum Symbolbecken für eine sprudelnde Lebensfreude – ein Ja zum Individuum, zur Liebe, zur Musizierlust. Und so klingt es auch beim Carmina Quartett sowie dem eigens dazu engagierten Kontrabassisten Petru Iuga. Da stört nichts die heiter-tönende, vielsagende, tiefmenschliche Grundstimmung. Musik als Elixier für das Gute, Wahre, Schöne. Wenn man so will: Schubert „at its best“. Und wirklich „bestens“ klingen hier die Variationen im Finale – als fantasievolle und elegante Unterhaltungsmusik. Denn so wurde das Werk in seiner Entstehungszeit eingeordnet.
Robert Schumanns Klavierquintett (1842) wird als Betreten von kompositorischem Neuland bewertet. Denn Quartette/Trios bedeuteten den Kammermusik-Kern – das Klavier zu den vier Streichern hinzuzunehmen, verlangte ein neues Form-, Satz-, Struktur- und Klangverständnis. Der Pianist Schumann sah darin eine Chance, sich selbst anders und neu einzubringen – der Klavierpart wuchs ihm besonders ans Herz. Clara Schumann, für die er „selbstverständlich“ auch dieses berauschende Klavierquintett schrieb, urteilte folgerichtig: „äußerst brillant und effektvoll“. Damit sind zwei entscheidende Merkmale genannt: Das Opus 44 überrascht mit lebhaften Kontrasten, die sich dennoch einebnen lassen in ein Gesamtkonzept. Und es wirkt schlüssig – und eben von Satz zu Satz effektvoll. Es überrascht nicht, dass die Inspiration und der Impetus fast immer vom Klavierpart ausgehen. Kyoko Tabe übernimmt diese Aufgabe mit leichter, dennoch bestimmender Tastenhand. Das Verständnis zwischen dem Schweizer Streichquartett – seit der Gründung 1984 eine der international führenden Gruppen – und der Pianistin ist tadellos. Sie sehen alle in Schumann einen uns weiterhin durchaus nahen Romantiker mit melodischem Reichtum und seelischer Intensität.
Also: Die beiden Aufnahmen warten zwar nicht mit einem spektakulären Aha-Akzent auf, aber die Interpretationen bewegen sich auf höchstem Niveau. Diese CD ist im eigenen Kammermusik-Archiv also nicht überflüssig. Man hört sie gern – und immer wieder.
Jörg Loskill

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