Mozart, Wolfgang Amadeus / Ludwig van Beethoven
Bläserquintette
Mit ihrer Debüt-CD geht das 2006 beim ARD-Musikwettbwerb mit einem 2. Preis bedachte junge Bläserquintett Chantily auf Nebenwegen des Bläserquintett-Repertoires. Es spielt Bearbeitungen aus der Zeit der Wiener Klassik, in der die Gattung des Bläserquintetts noch nicht etabliert war. Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven begnügten sich noch mit vier Bläsern und dem Klavier in ihren mit Bläsern besetzten Parallelwerken, den Es-Dur-Quintetten KV 452 bzw. op. 16. Andererseits liebten sie die großen (doppelten) Bläserbesetzungen: Mozart in seinen Serenaden, Beethoven in seinem Sextett op. 71 und Oktett op. 103.
Das Quintett Chantily hat zwei großformatige Werke in gelungenen Transkriptionen von Mordechai Rechtman ins Zentrum seiner ersten CD gestellt: Mozarts Serenade in c-Moll KV 388 und Beethovens Streich-Quintett in Es-Dur op. 4, das seinerseits eine erweiterte Bearbeitung des Bläseroktetts op. 103 darstellt. Beides sind Werke, die das Bläserische in sich tragen und daher für Bearbeitungen nahe liegen.
Wer die ursprünglich für Bläseroktett geschriebene Mozartsche Serenade KV 388 nicht kennt, mag die Quintett-Fassung durchaus für ein Original halten. Sie hat nichts von der Substanz der Komposition eingebüßt, und trotz des etwas helleren Timbres durch die Verwendung der Querflöte bleibt die c-Moll-Atmosphäre weitgehend gewahrt. Es gibt nur wenige klangfarbliche Varianten und eine überraschende Querflötenkadenz im Schlusssatz.
Beethovens ausladendes, aus seiner frühen Schaffenszeit stammendes Quintett op. 4 wird noch von einem relativ unbeschwerten Tonfall und einer einfallsreichen Thematik geprägt, die zu einer dichten motivisch-thematischen Arbeit führt. Dies und die Charaktere der einzelnen Sätze kommen dem Ausdrucksbereich eines Bläserquintetts sehr entgegen.
Quasi als Beigaben fungieren das ursprünglich für eine Orgelwalze komponierte Satzpaar Allegro und Andante KV 608 und das Andante F-Dur KV 616 von Mozart in Bearbeitungen von Ulf-Guido Schäfer.
Die Bearbeitungen werden von den Herren des Quintett Chantily in einem sehr einheitlichen Klangbild musiziert. Die sonst in Solopositionen bei den Münchner Philharmonikern (Fagott), dem Konzerthausorchester Berlin (Flöte, Horn) und dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (Oboe) tätigen Musiker pflegen einen ausgesprochen kammermusikalischen Interpretationsstil. Sie spielen mit angenehm schlankem Ton und guter Balance. Der in diesen Bearbeitungen weniger geforderte Flötist Pirmin Grehl fügt sich klangfarblich angepasst in seine verschiedenen Rollen, Florian Grube gestaltet seinen Oboenpart souverän, ohne hervorzustechen, während der tonlich ausgewogen spielende Klarinettist Johannes Zurl sich dynamisch mitunter etwas zu sehr zurückhält. Der Fagottist Bence Bogányi erhält besonders im Schlusssatz der Mozart-Serenade Gelegenheit mit leichter Tongebung und eleganter Technik zu brillieren und Dmitry Babanov am Horn passt sich mit flexibler Tongestaltung in jeder Situation dem Gesamtklang an.
Heribert Haase