Todd, R. Larry
Felix Mendelssohn Bartholdy
Sein Leben Seine Musik
Rechtzeitig zum Mendelssohn-Jahr und nur fünf Jahre nach der englischen Erstausgabe veröffentlicht Carus gemeinsam mit dem Reclam-Verlag die große Biografie von R. Larry Todd in deutscher Übersetzung. Es handelt sich hierbei jedoch nicht nur um eine Übersetzung der unmittelbar nach Erscheinen bereits als Standardwerk gepriesenen Biografie, sondern um eine revidierte und korrigierte Fassung, bei der zudem die Bibliografie (Sekundärliteratur und Ausgaben) bis 2008 aktualisiert ist und die darüber hinaus neue gewichtige Elemente enthält: ein Werkverzeichnis mit Angaben zu Entstehung, zu Publikationen und dem Standort der erhaltenen Autografen. Ferner ist die Bebilderung erweitert und vor allem durch acht Farbabbildungen zwischen den Seiten 384/385 ergänzt worden. Die Biografie ist hervorragend erschlossen durch zwei umfangreiche Register (Werke Mendelssohns, Personen-, Orts- und Sachregister), die den gezielten Zugriff auch bei Detailfragen ermöglichen.
Über die Qualität dieser Biografie ist hier nicht zu diskutieren, denn diese ändert sich durch eine Übersetzung (Helga Beste, Thomas Schmidt-Beste) nicht vor allem nicht, wenn sie sprachlich so gelungen ist wie in diesem Fall. Die Biografie basiert auf einem lebenslangen Studium in engstem Kontakt mit der übrigen Mendelssohn-Forschung. Dabei hat sich Todd sehr intensiv auch mit der Familie (religiöse und bürgerliche Herkunft) und vor allem mit dem Verhältnis zu Fanny Mendelssohn beschäftigt, zu deren Leben und Werk bereits diese Biografie umfangreiche Abschnitte enthält, weshalb es nahe liegend erscheint, dass der Autor als nächstes eine Biografie zu Fanny Mendelssohn vorlegen will.
Die Aussagen des Autors sind bis ins Detail belegt (2702 Anmerkungen im Kleindruck auf S. 624-693) und greifen häufig auf unveröffentlichtes Material zurück, da z.B. das Erscheinen einer vollständigen Briefausgabe des Komponisten erst ab 2009 angekündigt ist. Gelegentlich ist man allerdings etwas überrascht, dass zum Teil Jahrzehnte später notierte Erinnerungen von Zeitgenossen gleichwertig mit zeitnahen Äußerungen herangezogen werden.
Neben dem Biografischen legt Todd sehr viel Wert auf die Besprechung der Kompositionen, bei denen er vor allem im Frühwerk immer wieder auf Vorbilder oder Ähnlichkeiten verweist, die jedoch gelegentlich nicht so offensichtlich sind, wie der Autor glauben macht. Trotz der zahlreichen Notenbeispiele im Text mögen manche Leser vielleicht irritiert sein von den ausführlichen analytischen Betrachtungen auch unbekannter Kompositionen. Doch diese Biografie behandelt Leben und Werk wirklich gleichberechtigt und wer nur das jeweils eine haben möchte, muss eben das andere überspringen. Diese Biografie erschöpft sich nicht in einmaliger Lektüre sie ist ein Kompendium, das seine immense Informationsfülle erst durch stete Befragung preisgibt. Der Band besticht auch äußerlich durch höchste Qualität und ist zudem hervorragend lektoriert.
Irmlind Capelle