Dietrich, Albert

Symphony / Violin Concerto / Introduction & Romance

Rubrik: CDs
Verlag/Label: cpo 777 314-2, 2 CDs
erschienen in: das Orchester 04/2009 , Seite 65

Albert Dietrich (1829-1908), in der Nähe Meißens geboren, war zwar nicht eigentlich ein Schüler Robert Schumanns, wohl aber dessen Anhänger und Sympathisant. Als Schumann als Dirigent in Düsseldorf wirkte, zog Dietrich ebenfalls dorthin, um mit dem Meister in Kontakt zu kommen und sich seinen Rat zu holen. Da blieb es kaum aus, dass sich Dietrich im Herbst 1853 auch mit Johannes Brahms anfreundete, als dieser sich in Düsseldorf bei Robert und Clara Schumann vorstellte. Später wirkte Dietrich jahrzehntelang als Musikdirektor in Oldenburg, dessen Musikleben er nachhaltig prägte – nicht zuletzt durch sein Engagement für Brahms’ Musik.
Die Affinitäten zu Schumann und Brahms hört man Dietrichs Werken an. Doch die beiden großen d-Moll-Kompositionen der vorliegenden Doppel-CD lassen auch erstaunliches kompositorisches Selbstbewusstsein erkennen. In der Tat: 1869 (sieben Jahre vor Brahms’ Erster) kam Dietrichs Symphonie gleichsam als ein Vorbote des so genannten „Zweiten Zeitalters der Symphonik“ zur Uraufführung. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts lobte Hermann Kretzschmars Führer durch den Konzertsaal das Brahms gewidmete Werk und betonte, es sei einst ein „Liebling des Publikums“ gewesen.
Das bekräftigt das auffallend gut disponierte Oldenburgische Staatsorchester mit seinen glänzenden Hornisten und einer belastungsfähigen Streichergruppe unter GMD Alexander Rumpfs beflügelnder, schön differenzierender Leitung eindringlich. Was sie in der aus Livemitschnitten gewonnenen Einspielung aus der Partitur herausholen, ist wirklich hörenswert.
Das 1874 uraufgeführte Violinkonzert op. 30 wurde vor rund 25 Jahren erstmals eingespielt. Gegenüber dem damaligen Solisten Hans Maile bietet die Geigerin Elisabeth Kufferath den kernigeren Ton und die prägnantere Artikulation, im heikel-virtuosen Finale aber auch ein merklich gebremsteres Tempo. Auch wenn das Violinkonzert in thematischer Substanz und Formsouveränität nicht ganz mit Brahms’ fünf Jahre jüngerem Schwesterwerk konkurrieren kann, braucht es sich in puncto Melodienschmelz, geigerischer Finesse, orchestralem Gewicht und formaler Originalität nicht hinter den Violinkonzerten eines Max Bruch, Joseph Joachim oder Hermann Goetz zu verstecken.
Eine wirkliche Bereicherung des konzertanten Horn-Repertoires ist die melodisch süffige Romanze op. 27, die Durchsetzungskraft und Feinarbeit überzeugend verbindet. Diese längst fällige Dietrich-Entdeckung verdient eine Spätromantik-Medaille!
Michael Struck

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