Beethoven, Ludwig van
The Complete Piano Concertos
Diese drei CDs bergen ein Hör-Ereignis, zu dem der als Wunderkind ja schon außergewöhnlich früh gefeierte und vielfach ausgezeichnete Russe Jewgeni (Evgeny) Kissin als auch hier kaum übertreffbar virtuoser, aber zugleich unvergleichlich authentisch, werktreu und spannungsvoll interpretierender Pianist diese Einspielung aller fünf Beethoven-Klavierkonzerte geraten lässt in engster Kongruenz mit einem interpretatorisch hervorragend abgestimmten London Symphony Orchestra unter seinem unüberhörbar geradezu absolut verstehens- und gestaltungsanalog agierenden Dirigenten Colin Davies. Ihr außergewöhnliches Spiel lotet alle Höhen und Tiefen, alle Glanz- und Schattenregionen dieser hier in ihrer ganzen Schönheit und Sensibilität, aber auch in ihrer bis heute außergewöhnlichen Gefühlsintensität, Kraft und Hintergründigkeit erfahrbaren Werke aus, ohne dabei je die Grenzen künstlerischer Freiheit, Stiltreue, emotionaler Intensität und pianistischer Reinheit zu überschreiten.
Es gibt bei Solist und Orchester immer wieder Stellen, die man völlig neu zu hören und nun erstmals so auch zu verstehen vermeint, Zonen von bewegender Ausdruckstiefe, Übergänge von bannender Faszination, Pianissimi von nie zuvor erreichter, nun aber eigentlich auch gar nicht mehr anders denkbarer Zartheit und von manchmal geradezu geheimnisvoller Atmosphäre. Ihnen gegenüber stehen Akzentuierungen und Passagen von ebenfalls nur so angemessen erscheinender stählerner Härte und martialischer Wirkung sowie Abschnitte von zunächst fast irritierendem, dann jedoch ebenfalls als nur in dieser Prägung passend begriffenem Pathos.
Auch gelingen immer wieder ungewöhnlich charakteristische Thema- und Motiv-Gestaltungen, Melodieführungen von berückender, jedoch niemals übersättigter Süße und von wunderbarster und edelster Kantabilität. An keiner Stelle erliegt der fast schon unheimlich souveräne Pianist über den man trotz seiner Bekanntheit eigentlich im Booklet gern noch ein paar ebenso informative und substanzielle Zeilen gelesen hätte, wie sie Richard Osborne in seinem werkmonografisch-analytischen Text bietet der Gefahr, mit blanker klavieristischer Virtuosität beeindrucken zu wollen, obwohl er mit einer Leichtigkeit und Mühelosigkeit über sie verfügt, die immer wieder von Neuem staunen macht.
Und so bleiben auch Beethovens Solokadenzen unter seinen Händen völlig integriert in die überzeugende Gesamtgestaltung, aus der sie jedes Mal wie unausweichlich erwachsen und in die Kissin sie jeweils auch völlig nahtlos und musikalisch vollkommen konsequent wieder einmünden lässt. Aufgrund all dieser Vorzüge gewinnt diese Einspielung wahrhaft Ereignischarakter.
Wilhelm Schepping