Lost & Found. Concertini für Oboe

Werke von Lachner, Kalliwoda, Klughardt und Reicha, Ersteinspielungen

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Campanella Musica C 130168
erschienen in: das Orchester 03/2009 , Seite 64

Diese Musik fließt butterweich aus der Oboe, glitzert goldgelb wie Honig – aber sie klebt nicht! Hansjörg Schellenberger kümmert sich mit dieser CD ausschließlich um vergessene, wenig eingespielte oder zeitweilig verschollene Kompositionen, die zwischen großem Salon und gepflegtem kleinem Saal changieren und vor allem eines sind: einfach tolle Musik.
Johann Wenzel Kalliwodas Divertissement op. 58, August Friedrich Martin Klughardts Concertino op. 18, Joseph Reichas Konzerte in B-Dur und F-Dur und Ignaz Lachners Concertino gilt es hier auf hervorragende Weise wieder zu hören oder ganz neu zu entdecken. Die Werke sind ausnahmslos für Oboe und Orchester komponiert. Allesamt sind sie blitzende Kleinodien der Oboenliteratur, unterhaltsam und virtuos, dabei musikalisch durchaus ernst zu nehmen. Sie verlangen eine Menge technisches Können, um so leicht und brillant herüberzukommen wie auf dieser CD.
Schellenberger glänzt mit gekonnter Technik, genießt diese Musik hörbar und hat mit dieser CD ein echtes Wellnessprodukt der kultiviertesten Art vorgelegt. Immer tändelt und tanzt er sicher durch schwierige Läufe, lässt Spitzentöne anscheinend druckfrei jubeln und kostet schöne Wendungen dezent aus. Die Kadenzen zu Joseph Reichas Konzerten in B-Dur und F-Dur hat sich Schellenberger auf den Leib geschneidert: virtuos, ein bisschen verspielt und irgendwie über der Musik schwebend. Oft klingt die Oboe so leicht und süß, dass man meinen könnte, dieses Doppelrohrblattinstrument produziere seine Töne total mühelos und ohne Zutun des Oboisten. Das Orchester (Schellenberger leitet es übrigens von der Oboe aus – ein Foto im hübschen Booklet zeigt ihn sogar in dieser Position) zeigt sich zuverlässig und brav, bleibt aber immer das, was es sein soll: ein grundsolider Begleiter des strahlenden Solisten.
Im Booklet verrät Schellenberger in klaren, knappen Sätzen, wie er zu den Werken kam: So wurde ihm das Concertino von Ignaz Lachner von einem Nachfahren des Komponisten an der Haustür angeboten, wie man es sonst mit Staubsaugern macht. Ein hübsches Werk. Technische Klippen umschifft Schellenberger virtuos und sturmerprobt – man wünschte sich beim Zuhören fast noch einen vierten Satz dazu.
Klughardts Concertino für Oboe und Orchester op. 18 eröffnet die CD herrlich entspannt. Schellenberger scheint es ganz einfach in die Oboe zu singen. Schon nach dem ersten Aufgang gefällt die entspannte Atmosphäre der Oboe. Kalliwodas Divertissement op. 58 für Oboe und Orchester besticht durch Eleganz und Virtuosität, es wirkt leicht und vital. Nur: Manchmal wirken die längeren Triller in allen Werken etwas hart und am Ende eng, werden ein paar Schlussnoten leicht unkonzentriert gesetzt. Aber das unterstreicht eher den lebendigen Charakter dieser CD.
Heike Eickhoff

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