excursions

Werke von Ernst Krenek, Krzysztof Penderecki, Gideon Klein, Vincent Persichetti, Ernest Bloch, Jan Zdenek Bartoš, Samuel Adler und Benjamin Britten

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Musicaphon M 55718
erschienen in: das Orchester 11/2008 , Seite 62

„Mit diesen Aufnahmen für Viola solo möchte ich zeigen, dass es abseits der gängigen, oft gespielten Viola-Literatur unbekannte Schätze gibt, die es lohnen, ausgegraben zu werden.“ In der Rolle des musikalischen Schatzgräbers fühlt sich Jürgen Weber hörbar wohl: Auf der vorliegenden CD versammelt er insgesamt acht Werke, von denen kaum eines dem bekannteren Repertoire für Solo-Viola angehört und manche bislang höchstens an entlegener Stelle als Aufnahmen greifbar waren. In drei Fällen (Parable von Vincent Persichetti, Fantasia von Jan Zdenek Bartoš und Canto XVI von Samuel Adler) scheint es sich sogar um Ersteinspielungen zu handeln.
Eine echte Entdeckung ist gleich zu Beginn die viersätzige Solo-Sonate von Ernst Krenek (op. 92 Nr. 3): Die formale Finesse, mit der Krenek auf barocke und klassische Traditionen anspielt, und der hohe klangliche (nicht zuletzt auch virtuose) Reiz des Stücks machen daraus einen Geheimtipp für jedes Solo-Recital – und eine Empfehlung für einen Komponisten, dessen vielschichtiges Werk es für den Konzertsaal wiederzugewinnen gilt.
Bei Jürgen Weber sind solche musikgeschichtlichen „Exkursionen“ in guten Händen: Technisch beschlagen, gestisch zupackend und mit einem gerüttelt Maß an Erfahrung macht er sich ganz zum beredten Anwalt seiner Komponisten. Die Tontechnik gewährt seiner Storioni-Viola von 1780 dabei genügend Raum, um ihr außerordentliches Farbspektrum zu entfalten – schade nur, dass die so sorgfältig austarierte Klangbalance gelegentlich von einigen allzu abrupten Schnitten und Abblenden getrübt wird.
Beim weiteren Durchhören der CD fällt vor allem der seltsam einheitliche Tonfall auf, der die Werke trotz aller ästhetischen und historischen Unterschiede zu verbinden scheint: Das Solo-Bratschenstück als solches neigt im 20. Jahrhundert offenbar stark zum Elegisch-Dramatischen. Auf dem Weg von Pendereckis Cadenza zurück zur Elegy des jungen Britten kann man da mitunter schon ein wenig espressivo-müde werden – kleine Pausen zwischen den Stücken helfen.
Keine Hilfe, sondern eine mittlere Katastrophe ist dagegen das Booklet: Pendereckis Vorname wird durchgehend „Krzystof“ (statt „Krzysztof“) geschrieben, zur Krenek-Sonate fehlt (als einzigem Werk) ein Einführungstext, Opuszahlen gibt es gar keine – dafür hat man im Track-Listing die (überflüssige) Besetzungsangabe „für Viola solo“ in nicht weniger als fünf verschiedenen Versionen und drei Sprachen (nicht alle davon korrekt) wiedergegeben. Aus Adlers Canto XVI wird im Begleittext flugs „Canto XVII“, Gideon Kleins Präludium heißt sogar wahlweise „Preludium“ oder „Passacaglia“. Zu Ernest Blochs später Suite findet man weder Satz­angaben noch einen Hinweis darauf, dass das Werk nur deshalb so überraschend endet, weil es unvollendet ist. Ganz zu schweigen von Webers Künstlerbiografie, wo sich u. a. so illustre Kollegen wie „Raffael Kubelik“, „Krystian Zimmermann“ und „Hans-Werner Henze“ tummeln…
Joachim Schwarz

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