Mendelssohn Bartholdy, Felix

The Symphonies

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Oehms Classics OC 709, 3 CDs
erschienen in: das Orchester 06/2008 , Seite 64

Endlich! Die erste CD der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken/Kaiserslautern unter ihrem Chefdirigenten Christoph Poppen liegt nun vor. Nachdem die Sparfusion des Rundfunk-Sinfonieorchesters Saarbrücken (SR) mit dem Rundfunkorchester Kaiserslautern (SWR) für mächtigen Wirbel gesorgt hatte und im vergangenen September die erste Saison des neuen Klangkörpers gestartet war, wartete man gebannt auf die ersten künstlerischen Resultate. Die gute Nachricht: Das Ergebnis kann sich mehr als nur hören lassen.
Schade nur, dass es nicht wirklich die erste CD des Ensembles unter Poppen ist. Wer nämlich genau ins Beiheft schielt, stellt fest, dass die Einspielungen zwischen September 2006 und Mai 2007 entstanden sind: Da war Poppen noch Leiter des RSO Saarbrücken. Sei’s drum – was aus den Lautsprechern tönt, bereitet große Freude. Die hier vorliegenden stringenten Deutungen der fünf großen Sinfonien von Felix Mendelssohn Bartholdy offenbaren den ungeheuren Reichtum an Ausdruck und Ideen im Schaffen dieses bisweilen attackierten Großmeisters.
So schrieb der NS-Kritiker Otto Schumann 1940 in seiner Geschichte der deutschen Musik von „glatter Problemlosigkeit“ des „entarteten“ konvertierten Juden Mendelssohn. 1983 hört derselbe Schumann in seinem westdeutschen Großen Konzertführer eine Mendelssohn’sche Glätte, die „unbehaglich wirkt“. Diese Glätte, die sich gebetsmühlenartig in Mendelssohn-Schriften von Richard Wagner bis mitunter ins Heute hinein belegen lässt, entlarven die Musiker als – auch rassistische – hohle Phrase. Schillernd wird Mendelssohns geistig-künstlerische Welt und seine nachhaltig prägende Künstlerpersönlichkeit freigelegt.
Da ist die 1. Sinfonie, die Mendelssohn im Alter von 15 Jahren komponiert hat: Das Finale verweist auf den letzten Satz von Mozarts KV 550. Mit fast schon überschäumender Verve begegnet das Ensemble diesem frühen Geniestreich, generell warten die schnellen Sätze mit beeindruckender Strukturdichte auf – pulsierend und lebendig durchdringend. Dass die Musiker zudem zu dunkler Farbschattierung fähig sind, zeigt die „Schottische“. Dagegen zeugen die Sinfonien Nr. 2 („Lobgesang“) und 5 („Reformation“) von Mendelssohns profunder Beschäftigung mit Johann Sebastian Bach.
Die Art, wie Mendelssohn Choräle oder Fugen romantisch bricht, identifiziert ihn als Wegbereiter für Robert Schumann, Johannes Brahms oder gar Max Reger. Diese auskomponierte Zeitlosigkeit und Universalität wird vielfältig verlebendigt, noch dazu ist im „Lobgesang“ mit dem Chor des BR ein Vokalensemble zu erleben (Einstudierung: Peter Dijkstra), das nicht nur im ARD-Verband mit an erster Stelle steht. Leider vermögen die Gesangssolisten nur eingeschränkt zu überzeugen.
Marco Frei

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