Bloch, Ernest

Concerto symphonique/Concerto grosso No. 1/Scherzo Fantasque

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Hänssler Classic CD 93.192
erschienen in: das Orchester 06/2008 , Seite 62

Das umfangreiche Schaffen von Ernest Bloch, vom dem sich nur Schelomo – Hebrew Rhapsody für Cello und Orchester oder seine Oper Macbeth, in jüngerer Zeit durch Einspielungen oder auf der Bühne wieder zur Diskussion gestellt, im Repertoire halten konnten, auf diese Werke zu reduzieren, würde zu kurz greifen. Der 1880 in Genf Geborene, bei Eugène Ysaye und Ludwig Thuille ausgebildete Geiger und Komponist ging früh nach Nordamerika. Dort vielfach preisgekrönt, hatte Bloch beachtlichen Einfluss auch als Lehrer: Zu seinen Schülern gehörten beispielsweise Roger Sessions und George Antheil. Stilistisch ist das Werk des in den USA weitaus populäreren Komponisten schwer zu greifen. Es ist fragwürdig, Blochs Komponieren auf ein „musikalisches Bekenntnis zur Vergangenheit des Judentums“ reduzieren zu wollen. Das SWR Rundfunkorchester Kaiserslautern, inzwischen in der Deutschen Radio Philharmonie aufgegangen, hat nun eine ansprechende Einspielung von Werken für Klavier und Orchester des Komponisten vorgelegt.
Als flexible, sich den virtuosen Anforderungen souverän stellende Solistin wurde Jenny Lin ausgewählt. Die in New York lebende Künstlerin, deren Programmgestaltung durch eine überraschende stilistische Offenheit und Interesse an der Zusammenarbeit mit Gegenwartskomponisten geprägt ist, hat sich schon russischen Klavier-Präludien aus der Zeit von 1905 bis 1922 (Hänssler CD 98480) gewidmet. Unbekanntes von Glière bis Feinberg oder Roslavetz wird hier auf hohem Niveau interpretiert.
Auch bei Bloch bewährt sich die Pianistin dank ihres souveränen Spiels und stilistischer Variabilität. Das 1949 uraufgeführte Concerto symphonique für Klavier und Orchester wird von der Solistin und dem unter der konzentrierten Leitung von Jiri Stárek mit Wucht und rhythmischer Prägnanz musizierenden Orchester spannungsreich interpretiert. Besonders die martialisch geforderten Blechbläser können sich hier auszeichnen. Dass sich dem Autor des insgesamt inhaltlich etwas knapp geratenen Booklets hier Assoziationen einer Ben Hur-Begleitmusik aufdrängen, greift aber etwas zu kurz. Der konzertante Drive der Musik, der beim Rundfunkorchester und der Pianistin in guten Händen ist, lässt sich nicht nur auf eine deskriptive Begleitfunktion reduzieren.
Ein Jahr später, anlässlich des 70. Geburtstags von Bloch, wurde das Scherzo Fantasque uraufgeführt, ein Werk von doppelbödigem Witz und gelegentlich französisch anmutender Klanglichkeit, das nicht nur Lin, sondern auch den Orchestermusikern des SWR die Möglichkeit zu virtuoser Selbstdarstellung gibt. Wie schon der Titel Concerto grosso No. 1 für Streicher und obligates Klavier andeutet, ist das in den frühen 1920er Jahren entstandene Werk als neoklassizistisch einzuordnen. Jenny Lin, Jiri Stárek und die flexiblen Streicher des SWR Rundfunkorchesters Kaiserslautern geben sich alle Mühe, das funkelnde Werk nicht in der Ecke einer Stilkopie stehen zu lassen.
Eine hörenswerte CD, die einerseits den Facettenreichtum der Musik Ernest Blochs unterstreicht, andererseits auch der Solistin und dem engagiert musizierenden Orchester Gelegenheit zur Selbstdarstellung gibt.
Walter Schneckenburger

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