Wilson, Peter Niklas (Hg.)
Jazz Klassiker
Schlägt man im Fremdwörterbuch unter Lexikon nach, findet man folgenden Eintrag: alphabetisch geordnetes Nachschlagewerk. Dieses Kriterium erfüllen die beiden in einer Kassette ausgelieferten Bände nicht: Der erste Eintrag gilt Jelly Roll Morton, der letzte Artikel befasst sich mit Steve Coleman. Die Jazz Klassiker wollen aber laut Vorwort auch kein Lexikon sein, vielmehr wird der Versuch unternommen Jazzgeschichte als Werkgeschichte der wichtigsten Musiker zu schreiben.
In 98 Biografien werden dem Leser Musikerpersönlichkeiten des Jazz näher gebracht. Neben Klassikern wie Thelonious Monk, Duke Ellington, Benny Goodman, Django Reinhardt, Billy Holiday, Stan Getz, Coleman Hawkins oder Lester Young finden sich erfreulicherweise auch Namen wie John Zorn, Derek Bailey, Peter Brötzmann, Albert Mangelsdorff, Louis Sclavis, Evan Parker und Alexander von Schlippenbach. Mit den Letztgenannten werden auch zwei weitere Schwerpunkte der Bücher deutlich: der europäische Jazz und moderne Tendenzen in dieser Musikrichtung.
Die Artikel, die sich sowohl an interessierte Laien wie auch an ein Fachpublikum richten, geben einen kleinen Einblick in das Leben des jeweiligen Musikers und schildern dessen musikalische Entwicklung. Die Einzeldarstellungen sind fundiert geschrieben und überzeugen in ihrer Kürze. Die wesentlichen musikalischen Leistungen werden aufgezeigt und in die Geschichte des Jazz eingeordnet. Besonderheiten des Stils werden genannt und in Beziehung zu dem anderer Musiker gesetzt, sodass ein Gesamteindruck des musikalischen Schaffens entsteht. Abgerundet wird dieser jeweils durch eine Diskografie, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Dies gilt ebenso für die Literaturangaben. Eine detailliertere Aufzählung würde dem Konzept dieser Bände auch nicht entsprechen. Die einzelnen Beiträge geben einen Einblick und einen Überblick. Sie vermitteln Wissen und geben gleichzeitig Anregungen zur intensiveren Weiterbeschäftigung. Sehr hilfreich ist neben dem Inhaltsverzeichnis das alphabetische Verzeichnis der Musiker, welches ein schnelles Auffinden eines Artikels bei einem Umfang von 816 Seiten sehr erleichtert.
Unter den Autoren finden sich Namen wie Wolfgang Knauer, Hans-Jürgen Schaal oder Peter Niklas Wilson, die für die Qualität ihrer Beiträge im Bereich des Jazz bekannt sind. Es lässt sich bei einer Auswahl, die getroffen werden musste, um den Rahmen nicht zu sprengen, immer darüber diskutieren, ob der ein oder andere Musiker fehlt. Die Autoren haben diese sicher nicht leichte Aufgabe der Auswahl gut bewältigt. Es handelt sich bei Jazz Klassiker um ein Werk, in dem man gleichermaßen schmökern oder sich fachkundig machen kann. So ist die im Vorwort gestellte Frage: Noch ein Buch mit Jazzbiografien?, eindeutig mit ja zu beantworten. Wenn nur alle Jazzbiografien diese Qualität aufweisen würden!
Uli Falk