Bentoiu, Pascal
Porträt
Konzert für Violine und Orchester op. 9 / Konzert Nr. 2 für Klavier und Orchester op. 12 / Sonate für Klavier und Violine op. 14
Der 1927 in Bukarest geborene Pascal Bentoiu studierte in seiner Heimatstadt zunächst Komposition und Jura, bevor er 1953 als Forscher am Bukarester Institut für Folklore zu arbeiten begann. Drei Jahre später, bis 1965, publizierte er seine wissenschaftlichen Ergebnisse und setzte damit Referenzpunkte in der rumänischen Ethnomusikologie. Obwohl er etliche interessante Angebote erhielt, wollte er sich nicht vom kommunistischen Regime vereinnahmen lassen und entschied sich, als freischaffender Komponist zu leben. 1990, im Jahr nach dem Sturz des Ceaucescu-Regimes, wurde Bentoiu einstimmig zum Präsidenten des rumänischen Komponistenverbands gewählt.
Die drei auf dieser CD veröffentlichten Werke entstanden in den Jahren 1958 bis 1962, also kurz nach Bentoius intensiver Beschäftigung mit der rumänischen Volksmusik. Das hört man: unverkennbar die unruhig-treibende Rhythmik in den schnellen Sätzen, die fassliche Melodik in den langsamer angelegten. Auch in anderen Aspekten bekennt sich Pascal Bentoiu deutlich zur Tradition, indem er Errungenschaften aus den unterschiedlichsten Epochen der europäischen Musikgeschichte aufnimmt: Ganz selbstverständlich erklingen im subtil instrumentierten Orchesterpart Modalität, Dur-Moll-Tonalität und Dodekafonie, mal meint man, Debussy zu hören, dann wieder Strawinsky und im nächsten Moment legt einem die Musik Assoziationen an Schönberg und Berg nahe.
Gerade im Violinkonzert, einem Frühwerk Bentoius, sind es diese in Klang und Dynamik äußerst reduzierten Momente stärkster Expressivität, die an Bergs Violinkonzert denken lassen. Auch beim Klavierkonzert steht Bentoiu in gewisser Weise in der Tradition Schönbergs und Bergs, indem er die Sonatenform auf das gesamte Werk überträgt. So ist der in unruhigen Akkord-Kaskaden à la Rachmaninow wogende erste Satz als Exposition zu sehen, der zweite und dritte Satz als Durchführung, während der vierte gleichsam als Reprise in Toccata-Manier ungestüm auf ein plötzliches Ende zuläuft.
Nach diesem Klangfarbenfeuerwerk kann man nun die beiden Solisten der vorangegangenen Werke in aller Ruhe genießen: Die Violinistin Jenny Abel aus Norddeutschland und der rumänische Pianist Mihai Ungureanu harmonieren wunderbar in Bentoius Sonate für Klavier und Violine aus dem Jahr 1962. Auch hier finden sich die beiden fundamentalen Elemente von Bentoius Musik: kurze, klare melodische Motive und mitreißende Rhythmen beim schnelleren zweiten Satz fühlt man sich glatt nach Südamerika versetzt.
Dieser Komponist ist eine Entdeckung. Fest in der (europäischen wie rumänischen) Tradition verwurzelt, spricht er doch die Sprache des 20. Jahrhunderts und passt damit ausgezeichnet in die Reihe Zeitgenossen Musik der Zeit. Schade nur, dass die hier eingespielten Werke allesamt Bentoius früher Schaffensphase entstammen. Es wäre schon sehr interessant gewesen, von diesem viel versprechenden Komponisten ein Werk aus späteren Jahren zu hören. Aber somit bleibt noch genug Arbeit für die Zukunft.
Sibylle Kayser


