Werke von Morten Lauridsen und Jake Runestad

Lux Aeterna und Earth Symphony

Chor des Bayerischen Rundfunks, Münchner Rundfunkorchester, Ltg. Joseph R. Olefirowicz

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: BR Klassik
erschienen in: das Orchester 12/2025 , Seite 72

Zum Dirigieren scheint der am New Yorker Ithaca College ausgebildete und in Deutschland, an namhaften Bühnen in Bochum, Stuttgart und Berlin zum Musikalischen Direktor berufene Joseph R. Olefirowicz eine frühe Neigung entwickelt zu haben. Man kann ihm eine starke Tendenz zur vielfach besetzten Vokalmusik, zu Musical, Oper oder Oratorium attestieren. So ist es kein Zufall, dass er zusammen mit dem Münchner Rundfunkorchester die Herz-Jesu-Kirche der Stadt zum Aufführungs- und gleichzeitig Aufnahmeort eines rein geistlichen Programms kürt – ein Programm mit Werken von zwei in Europa weniger bekannten Amerikanern dänischer und schwedischer Herkunft, in dem die Wortverkündung durch den Chor die zentrale Rolle spielt. Das Ergebnis auf Tonträger ist sowohl der Gestaltung nach als auch in der abgebildeten klaren Raumklanglichkeit überzeugend.
Bei Morten Lauridsens Lux Aeterna handelt es sich hauptsächlich um die Vertonung der Comunio aus der Requiem-Messe, streng regelhaft durchkomponiert im Sinn der römisch-katholischen Liturgie, bei der die Worte „Lux aeternea luceat eis, Domine“ nach mittelalterlichem Usus das Zentrum bilden. Der Chor des Bayerischen Rundfunks singt die starken dynamischen Unterschiede, die der Akzentuierung des Wesentlichen dienen, deutlich aus, während das Münchner Rundfunkorchester in den instrumentalen Zwischen­partien eher eine weniger auffällige, wenn auch glanzvolle, die Teile verbindende Funktion erfüllt. Entsprechend dem liturgischen Charakter einer Totenmesse ist der gesamte Duktus der Komposition von ruhigem Dahinfließen und Ausklingen geprägt; von traditioneller Tonalität abweichende harmonische Partien enthält die Partitur tatsächlich nur in Durchgangspassagen.
Im Kontrast zu der theologisch fest verwurzelten Messe entwirft Jake Runestad, geboren 1986, absolvierter Musikpädagoge und Komponist, mit Earth Symphony eine von der Evolutionslehre ausgehende, den Ikarus-Mythos miteinbeziehende Klage in stets variierender Klangsprache über die Qual der Erde, die (nahezu) in ihrer Auslöschung gipfelt, anklingend bereits in Sophokles’ Antigone. Die Vernichtung der physischen Natur durch die Dominanz der „spätgeborenen“ menschlichen Art erfährt allerdings wiederum eine quasi-theologische Korrektur in der eben auch spezifisch menschlichen Hoffnung auf ihre Wiedergeburt: „There will come a day / like the first day, / so heavenly, / so clear.“ Mit den Worten „you would love it here“ wird der nicht schließende Schlusspunkt gesetzt, der im Kern neben der reinen Hypothese immerhin die Möglichkeit der Wendung zum paradiesnah guten Zustand bereithält und eine ernste Mahnung an die Lebenden darstellt, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, damit sich die zerstörte Erde wieder erholen kann. Hanns-Peter Mederer

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