Marin Marais

Les Folies d’Espagne

für 2 Querflöten (Traversflöten) bearb. von Adrian Wehlte

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Edition Wallhall, Magdeburg
erschienen in: das Orchester 12/2025 , Seite 68

Oft sind es simple Ideen, die eine Faszination auslösen können. Dies gilt in der Barockzeit für Kompositionen, die auf dem Folia-Modell beruhen: Ein achttaktiges Harmoniegerüst und eine würdevolle gleich- ­förmige Melodie im Sarabandenrhythmus gehen darin eine Symbiose ein, die zahlreiche Komponisten zu Variationswerken animiert hat. Sie zeigen darin ihre handwerklichen Fähigkeiten und ihren Einfallsreichtum – begnügen sich meist nicht mit wenigen Variationen, sondern wollen vielmehr ihr Können und die Virtuosität ihrer Instrumentalist:innen im großen Stil zeigen. Die Folia selbst reicht bis in die Renaissance zurück und war ein draufgängerischer Tanz. Die oft „Folies d’Espagne“ genannten Werke im Dreiertakt dagegen haben ihren Ursprung vermutlich in einer Komposition des französischen Opern-Komponisten Jean-Baptist Lully.
Der französische Komponist Marin Marais (1656-1728) hat 32 „Couplets de folies“ für sein Instrument, die Gambe, und Generalbass geschrieben, die 1701 in Paris gedruckt wurden. Im Vorwort nennt er bei den Alternativbesetzungen auch die Flöte. Adrian Wehlte hat nun eine Fassung für zwei Querflöten im Umfang der barocken Traversflöten erstellt und dafür die Tonart nach e-Moll angepasst. Der Verzicht auf ein Akkordinstrument wird durch eingefügte Arpeggien etwas aufgefangen.
Die Variationen Marais’ sind locker aneinandergereiht und folgen dem Prinzip der Abwechslung mit der Tendenz, gegen Ende hin die Intensität des musikalischen Geschehens etwas zu steigern. Der Bearbeiter Adrian Wehlte hat insgesamt auf eine ausgewogene und recht gleichwertige Einrichtung der beiden Stimmen geachtet, die wechselweise die originale Oberstimme übernehmen. Ein Stimmentausch innerhalb der 16 Takte umfassenden Abschnitte dient ebenso diesem Ansatz wie auch das Entstehen eines Dialogs. Die Aufspaltung der originalen Oberstimme im 20. Couplet und Imitationen im 28. Couplet unterstreichen darüber hinaus die nahezu unerschöpfliche Vielfalt der Variationskunst Marais’.
Die Folies d’Espagne von Marin Marais sind als Studienmaterial im Unterricht in verschiedenen Ausbildungsphasen einsetzbar: In einer Auswahl können jüngere Schüler:innen einige leichtere Variationen präsentieren. Nach technischen Fortschritten können weitere Teile erarbeitet werden und in einem Klassenvorspiel können Fortgeschrittene im Wechsel die geläufigeren Abschnitte präsentieren. Eine dezente, leicht zu erarbeitende Gitarrenbegleitung dürfte bei einigen Variationen eine sinnvolle Ergänzung sein.
Die Notenausgabe umfasst neben der (Spiel-)Partitur zwei Stimmhefte.
Heribert Haase

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