Werke von Ludwig van Beethoven, Muzio Clementi und Wolfgang Amadeus Mozart

Beginnings

Anna Khomichko (Klavier), Philharmonisches Orchester Heidelberg, Ltg. Mino Marani

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Geniun
erschienen in: das Orchester 11/2025 , Seite 73

Ihrer 2022 erschienenen Debüt-CD Mozart and his Europe mit Solo­werken lässt Anna Khomichko jetzt ein Album mit Klavierkonzerten der klassischen Epoche folgen. Sie wählte hierfür kaum bekannte, selten gespielte Werke. Der Titel Beginnings bedeutet bei den drei präsentierten Komponisten Unterschiedliches: Der vierzehnjährige Beethoven schrieb sein Klavierkonzert als Lernender, von Muzio Clementi ist von mehreren Werken dieser Gattung nur eines überliefert, er komponierte es mit 44 Jahren, und Mozart war im Alter von 17 Jahren bereits ein erfahrener Komponist, sein 5. Klavierkonzert ist sein erstes eigenständiges, vier frühere Konzerte (KV 37, 39, 40 und 41) sind Pasticci.
Ein Reiz dieser Veröffentlichung liegt darin, die Gattung Klavierkonzert nicht vom Ende her zu denken, für die Klassik also die späten Konzerte Mozarts oder die drei letzten Beethovens, sondern sich Ausprägungen zu ihrer Anfangszeit vor Ohren zu führen. Bei der Gestaltung der Beziehungen zwischen Soloinstrument und Orchester konnte experimentiert werden, da noch wenig Normen ausgebildet waren. So verwendet Mozart im Kopfsatz von KV 175 das fanfarenartige Hauptthema streckenweise wie ein Ritornell, gleichwohl ist dieser schon in Sonatenform gehalten. Clementis Figurenwerk dürfte Klavierschüler:innen nicht unbekannt sein, der Klavierpart in seinem Konzert ist eigenständig, wird nur sparsam begleitet, die Klangkörper stehen sich eher gegenüber. Von Beethovens WoO 4 existiert nur eine Abschrift von Solopart und Klavierauszug, hier wird die Orchestrierung Ronald Brautigams gespielt, Khomichko steuert eine eigene Kadenz für den 1. Satz bei, ebenso für Mozarts finales Rondo.
Anna Khomichko spielt die drei Konzerte mit großer stilistischer Sicherheit und einer sehr differenzierten Anschlagskultur. Sie stellt unterschiedliche Affekte vom Zarten zum Anpackenden, vom Gesanglichen zum Tänzerischen sehr plastisch dar. Die aus einer belarussisch-ukrainischen Familie stammende Pianistin wurde in Russland und Deutschland ausgebildet, sie ist vielfache Preisträgerin internationaler Wettbewerbe. Ihr sehr breites Repertoire, das explizit unbekanntere Komponist:innen sowie seltener gespielte Klavierwerke einschließt, stellt sie in vielen Videoblogs im Internet vor – mit der Zielsetzung, insbesondere die jüngere Generation anzusprechen und zu gewinnen. Das Philharmonische Orchester Heidelberg spielt unter der Leitung von Mino Marani stilsicher und präzise, gerade in der Phrasierung und Dynamik, und macht damit auch Einfaches lebendig.
Die sehr gelungene Darbietung dieser Konzerte kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass deren musikalische Substanz überschaubar bleibt und kaum Unerwartbares auftritt. Wünschenswert wäre, dass Anna Khomichko sich auf künftigen Alben auch mit Musik anderer Epochen und breiterer Stilistik zeigen könnte.
Christian Kuntze-Krakau

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