Dorothea Hofmann

Goldberg’s Nightmares für Flöte, Schlagwerk und Klavier

Partitur und Stimmen

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Edition Dohr, Köln
erschienen in: das Orchester 11/2025 , Seite 71

Die Bach’schen Goldbergvariationen sind in vielerlei Hinsicht legendär. Sie gelten als Prüfstein pianistischer Kunst und liegen in berühmten Aufnahmen vor, z. B. der ersten Einspielung von Glenn Gould vor 70 Jahren, am 10. Juni 1955. Aber schon viel länger sind sie von Legenden umrankt, darunter die vielleicht berühmteste, dass der Pianist Johann Gottlieb Goldberg sie seinem Dienstherren Hermann Carl von Keyserlingk in dessen schlaflosen Nächten zur Entspannung und Erheiterung vorspielen musste.
An diese Legende knüpft die Komponistin Dorothea Hofmann an. Sie versetzt sich in ihren Goldberg’s Nightmares in den die Nächte durchspielenden Pianisten hinein und durchlebt mit ihm drei (Alb)Träume. Hofmann übermalt/überschreibt dazu die Bach’schen Variationen 19, 25 und 28, indem sie drei kleine, quasi theatralische Szenen für ein Trio von Flöte, Klavier und Schlagwerk erfindet.
Die erste Szene „Und Goldberg tanzt“ denkt das Menuett der Variation 19 hell und heiter lächelnd weiter; zwischen originale Melodien und Harmoniebausteine fügt sich eine ständig wiederholte rhythmische Figur von drei Tempelblocks, die entfernt an das Klackern von Tanzschuhen auf dem Parkett erinnert.
Die auf der Variation 25 basierende „Mitternacht“ beginnt im Traum versunken, später wird der Charakter aufgewühlter, dabei immer wieder durch Triangelschläge unterbrochen. Wälzt sich hier Goldberg im Schlaf?
Verwirrt und federleicht kommt der dritte Satz daher, zur am Anfang trillernden Flöte gesellen sich Klavier und Vibrafon mit dem Anfangsthema der Variation 28. Motivische Arbeit, Modulationen und Taktwechsel lassen den musikalischen Geist schweifen, manchmal wird es sogar etwas exzentrisch, am Schluss fliegen die Träume leicht wie ein Vogel hinweg.
Die Pianistin, Komponistin und Musikwissenschaftlerin Dorothea Hofmann lehrt als Professorin an der Hochschule für Musik und Theater München, ihr Œuvre umfasst Kompositionen vom Solo über Orchestermusik bis zur Musik für Puppentheater. Dessen bildhafte Theatralik prägt die ca. 12 Minuten der aktuell bei der Edition Dohr erschienenen Trioträume. Dorothea Hofmann ist mit Goldberg’s Nightmares eine im positiven Sinn eingängige, leicht nachvollziehbare, transparente und dabei assoziationsreiche Musik gelungen, die mit großem Vergnügen gehört werden kann. Da sie nicht allzu schwer zu realisieren ist (der Schlagzeugaufbau ist übersichtlich, die Edition gut und die spielerischen Anforderungen nicht zu hoch), können Goldberg’s Nightmares in unterschiedliche musikalische und musikpädagogische Kontexte eingebettet werden: im Musikschulkonzert und bei Jugend musiziert, aber auch im professionellen Konzertbetrieb.
Stephan Froleyks

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