Maurice Ravel

Streichquartett

Urtext, hg. von Peter Jost, Studienpartitur/Stimmensatz

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: G. Henle Verlag, München
erschienen in: das Orchester 10/2025 , Seite 73

Nicht wenige Komponisten von Weltrang komponierten nur ein einziges Streichquartett und suchten und fanden darin einen neuen Ausdruck – wie Giuseppe Verdi, Gabriel Fauré, George Gershwin, Ernest Chausson, Jacques Ibert, Claude Debussy oder eben Maurice Ravel. Sein viersätziges „Quatuor à cordes“ komponierte er im Winter/Frühjahr 1902/03 und es gilt gemeinhin als sein Gesellenstück am Conservatoire de Paris, welches er „seinem lieben Lehrer Gabriel Fauré“ widmete. Schon hier traten Ravels kompositorische Eigenwilligkeit und sein auf Raffinesse ausgerichteter, sprühender Ideenreichtum deutlich hervor, insbesondere in der Behandlung kirchentonaler Skalen und Wendungen. Die Uraufführung am 5. März 1904 durch die Société Nationale ist zwar sowohl vom Publikum als auch von der Kritik sehr gut aufgenommen worden, war aber auch von einem kleinen Skandal begleitet, der dazu beitrug, dass Ravel ein Jahr später von der Teilnahme am Rompreis ausgeschlossen wurde.
Trotz der eindringlichen Bitte Debussys, im „Namen aller Götter der Musik“ nichts zu ändern, revidierte er schließlich Teile, die ihm nach der Uraufführung wohl nicht gefielen. Diese flossen in den zweiten Druck mit ein. Für Herausgeber Peter Jost, der auch das kenntnisreiche wie ausführliche, dreisprachige Vorwort verfasst hat, diente dieser Druck vom Verlag Durand Cie aus dem Jahre 1910 als Hauptquelle. Auf eine Auflistung der Änderungen für die zweite Ausgabe mit dem Hinweis „Nouvelle Édition revue par l’Auteur“ verzichtete er. Dennoch blieben zahlreiche Einzelanmerkungen übrig. Jedoch richtete Jost seinen Blick im Zweifelsfall dann nicht nur auf das Autograf, sondern es standen ihm weitere Quellen zur Verfügung wie Druckfahnen, verschiedene Ausgaben, Stimmensätze und sogar die Einspielung des International String Quartets vom Juni/Juli 1927.
Wie bereits in der Peters-Ausgabe von 2014 sind auch hier einige Fehler wohl für alle Zeiten getilgt worden, die stets in den nicht berichtigten Neudrucken der Durand-Ausgabe weitergegeben wurden: Beispiele hierfür sind die zwei offensichtlichen Druckfehler wie die fehlenden Akzidentien in der ersten Violine im zweiten Satz, T. 27, oder die Violoncello-Stimme in demselben Satz, T. 173. Diese ins Ohr springenden Offensichtlichkeiten hatte Herausgeber Peter Jost stillschweigend mit Klammern ergänzt. Dagegen ist beispielsweise die Ergänzung der Cello-Stimme im Takt 9 des langsamen dritten Satzes, wo Ravel die Tremoli-Balkung übersehen hatte, in die Einzelbemerkungen des zweisprachigen Kritischen Berichts eingeflossen.
Die Stimmen erfüllen heutigen hohen Ansprüchen in Layout und in bester Lesbarkeit. Weiter achtete der Verlag im Druck auf längere Pausen vor dem Umblättern (1. Violine) oder setzte auf umsichtig gestaltete, ausklappbare Seiten in den übrigen Stimmen.
Werner Bodendorff

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