Allan Stephenson
Miniature Quartet für Streichquartett
Partitur und Stimmen
Als Miniature Quartet bezeichnete der in Liverpool geborene und seit den 1970er Jahren in Südafrika als Orchestermusiker und Cellolehrer tätige Allan Stephenson (1949–2021) sein 1992 entstandenes Werk. In der Tat ist die Idee des Miniaturhaften für die gesamte kompositorische Ausführung maßgeblich. Dies lässt sich bereits an der viersätzigen formale Anlage festmachen: Mit der Abfolge von Sonatensatz, Scherzo, langsamem Satz und tänzerischem Finale folgt das Quartett zwar vielen wirkungsreichen Vorbildern der klassischen und romantischen Tradition, doch verweist die Aufführungsdauer von nur rund zwölf Minuten darauf, wie stark gerafft die Dimensionen der Einzelsätze letztlich ausgefallen sind.
Nichtsdestotrotz hat Stephenson die Satzcharaktere präzise und prägnant mit wenigen musikalischen Mitteln ausformuliert: Der Kopfsatz wird durch ein sehr schnelles, von Achtelpause und akzentuierten Synkopen geprägtes Thema angetrieben, dem sich die übrigen Stimmen zunächst in rhythmisch federnder Begleitung zugesellen. Das Scherzo folgt einem raschen, ganztaktigen Duktus, der nur im Mittelteil gelegentlich durch vorweggenommene Taktschwerpunkte unterlaufen wird. Das „Poco Adagio“ wiederum ist von einer meist in der ersten Violine erklingenden kantablen Idee geprägt, die vorübergehend durch einen kontrastierenden „Più agitato“-Mittelteil Auflockerung erfährt. Und das rasche Finale lebt vor allem durch metrische Wechsel und ein damit verbundenes Spiel mit der Rhythmik.
In gewissem Sinne „miniaturhaft“ fallen darüber hinaus auch die Anforderungen der Komposition aus: Zwar weisen die beiden Rahmensätze einige Vertracktheiten auf, die hier und da durch Doppelgriffe sowie im Finale zusätzlich durch den Einsatz vereinzelter Glissandi angereichert werden; doch lässt sich dies alles spieltechnisch ohne größere Probleme bewältigen und geht nicht über ein mittelschweres Niveau hinaus. In dieser Beschränkung liegt die Chance des Stücks: Aufgrund seiner tonalen Sprache, den leicht nachvollziehbaren musikalischen Entwicklungen und den dennoch jedem einzelnen Instrument zugewiesenen, dankbaren Aufgabenstellungen bietet die Komposition wichtige Grundlage zur Erprobung und Schärfung des gemeinsamen Zusammenspiels.
Das Miniature Quartet erscheint damit unter gleichsam didaktischen Gesichtspunkten als lohnende Stufe auf dem Weg zur allmählichen Erarbeitung komplexerer Nuancen des Quartettspiels. Dem entspricht auch die ganze Erscheinungsweise dieser im Accolade Musikverlag als Bestandteil einer Gesamtausgabe von Stephensons Werken erscheinenden Edition, deren Stimmenmaterial durch angenehmes Notenbild und klare Anordnung von Blätterstellen an die Erwägungen der Praxis angepasst ist. Stefan Drees


