Felix Mendelssohn Bartholdy

Symphonies Nos. 1 & 3

NDR Radiophilharmonie, Ltg. Andrew Manze

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Pentatone PTC 5186 595
erschienen in: das Orchester 07-08/2017 , Seite 67

Es ist interessant: Beide großen Orchester des Norddeutschen Rundfunks haben derzeit Chefdirigenten, die wesentlich geprägt sind von der historischen oder historisch informierten Aufführungspraxis. Beide leiteten und leiten Originalklangensembles. Thomas Hengelbrock, seit 2011 Chef des NDR Elbphilharmonie Orchesters in Hamburg, arbeitet weiter mit seinem Balthasar-Neumann-Ensemble.
Andrew Manze, der seit 2014 der NDR Radiophilharmonie aus Hannover vorsteht, war Leiter der renommierten English Concert. Beide arbeiten nun mit einem großen Orchester, das auf modernen Instrumenten spielt, und weiten dabei ihr Repertoire aus. Aber ihre Erfahrungen mit der Alten Musik prägen natürlich auch weiter ihre Aufführungen, besonders die romantischer Werke.
Aparterweise hat Hengelbrock bei seiner ersten Aufnahme mit dem Hamburger Orchester unter anderem Mendelssohns erste Sinfonie c-Moll op. 11 eingespielt, die jetzt neben der „Schottischen“ in a-Moll op. 56 von Mendelssohn auch auf Manzes Ersteinspielung mit der NDR Radiophilharmonie zu hören ist.
Die klanglich vorzügliche SACD bringt überaus gelungene und einprägsame Wiedergaben der beiden Sinfonien, die sich nicht nur gegenüber den Mendelssohn-Einspielungen gleicher stilistischer Ausrichtung von Norrington, Gardiner oder Brüggen behaupten, sondern in der ganzen Diskografie der Mendelssohn-Sinfonien einen Glanzpunkt darstellen. Manze beweist mit seinem schillernd im Klang und höchst agil im Gestus spielenden Orchester, dass ein transparenter, fast vibratolosen, in Artikulation und Phrasierung
beredter und rhythmisch elastischer Vortrag bei diesem Repertoire erst alle Schönheiten und Reize der Musik voll zur Wirkung zu bringen vermag. Das betrifft die packende dramatische Kraft der Ersten des 15-Jährigen in der Schicksals-Tonart c-Moll ebenso wie die stimmungsvolle Bildkraft und Lebendigkeit der „Schottischen“. Der hymnische Schlussteil des Finales in dieser Sinfonie hat unter Andrew Manze einen mitreißenden Elan und eine animierende Bewegung, die kaum zu überbieten sind.
Das historisch informierte Spiel verweist natürlich auf die klassischen Wurzeln der Sinfonik von Mendelssohn und ihren gleichsam Mozart’schen Geist. Sie macht aber auch viel klarer als ein klanglich dicklicher Ton spätromantischer Art, wo Mendelssohn in Musiksprache und Empfindung neue Wege geht.
In Andrew Manzes und der NDR Radiophilharmonie exemplarischer Einspielung, bei der unter anderem auch der Ausgleich von Streicher- und Bläserstimmen ausgezeichnet ist, werden in der schlichten Zartheit der langsamen Sätze, dem Schwung der Scherzi und der ausgefeilten Faktur der Ecksätze alle Facetten dieser Musik in Ausdruck und satztechnischer Erfindung aufs Schönste vergegenwärtigt.
Karl Georg Berg

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