Bamberger Symphoniker
The First 70 Years
Seit 70 Jahren existieren die Bamberger Symphoniker. Pünktlich zu diesem Jubiläum erschienen nun bei der Deutschen Grammophon 18 CDs mit Aufnahmen aus der gesamten Wirkungszeit dieses Orchesters und seines Vorläufers, des Deutschen Philharmonischen Orchesters Prag. Unter den Dirigenten dieser Einspielungen finden sich nahezu alle Maestros der vergangenen Jahrzehnte. Prägend für den Klang und die böhmische Tradition der im Fränkischen Rom beheimateten Musiziergemeinschaft war ihr erster Chefdirigent Joseph Keilberth, der seit 1940 in Prag dem Deutschen Philharmonischen Orchester vorstand. Mit ihm entstanden in der ersten Hälfte der 1940er Jahre die Aufnahmen der Prager Symphonie von Mozart, der ersten Symphonie von Schumann sowie Pfitzners Palestrina-Prelude.
Das Spektrum der in diesen CDs enthaltenen Werke reicht von der Klassik (Beethoven, Schubert) bis zur Moderne (Strawinsky). Besonders hervorzuheben ist die Wiedergabe von Bruckners 9. Symphonie mit Günter Wand aus dem Jahr 1995 sowie die 1971 erfolgte Aufnahme von Mahlers 4. Symphonie mit István Kertész und seiner Frau, der Sopranistin Edith Gabry. Durch die klare Gegenüberstellung von Klangblöcken, die wie Bausteine nebeneinander stehen, macht Wand bei Bruckners letzter Symphonie die ganze Architektur sofort erkennbar. Die instrumentalen Soli von Flöte, Oboe und Klarinette im zweiten Satz bestechen mit Präzision, das Adagio atmet viel Kraft und die Steigerungen wachsen kontinuierlich. Was die Klangsinnlichkeit in der Darstellung von Mahlers Vierter betrifft, entfaltet Kertész in den lyrischen Teilen eine staunenswerte Wärme und Geschmeidigkeit der Melodieführung. Die himmlischen Freuden im Finalsatz gestaltet Gabry mit einer kaum zu beschreibenden Fülle des Wohllauts.
Freunden des kantablen, unprätentiösen Klavierspiels sei die Einspielung von Mozarts c-Moll-Klavierkonzert KV 491 mit Wilhelm Kempff empfohlen. Unter der Leitung von Ferdinand Leitner musizieren die Musiker plastisch und konturenreich. Höchst erfreulich ist auch die Wiederbegegnung mit Rudolf Kempes legendärer Einspielung von Smetanas Oper Die verkaufte Braut aus dem Jahr 1962. Aus der homogenen Solistenriege ragt vor allem Fritz Wunderlich heraus, der mit nie nachlassender Kraft in der Höhe und einer unvergleichlichen Pianokultur in den lyrischen Passagen die Partie des Hans singt.
Klanglich ausgefeilt und überzeugend durchgeformt berührt auch Schumanns 4. Symphonie mit Christoph Eschenbach. Ganz aus dem Innenraum des Klangs heraus musiziert ist Brahms letzte Sinfonie unter Herbert Blomstedt. Er baut jede Einzelstimme sinnstiftend in die große Werkarchitektur ein, alles fügt sich bis zum Schluss organisch ineinander. Eine gute Balance zwischen Streichern und Bläsern, ein geschmeidiges Espressivo bietet Horst Stein mit seiner Darstellung von Brahms erster Symphonie.
Erwähnenswert ist auch der wohlformulierte und inhaltsreiche Booklet-Text von Wolfgang Sandner zur Einführung in diese sehr zu empfehlende Jubiläumsedition.
Ulrich Alberts