Wagner, Richard / Giuseppe Verdi
Siegfried und Violetta oder List, Last, Lust und Lunge
Opernfragment in drei Akten für vier Hörner und Sprecher, Libretto von Herbert Rosendorfer und Karl Dietrich Gräwe
Das Doppeljubiläum von Verdi und Wagner, beide geboren 1813, war der Ideengeber für diese Doppel-CD, die den Zuhörer in eine sogenannte Kammeroper in drei Akten für Hornquartett und Sprecher entführt. Wagner und Verdi waren zwar oft in Venedig, auch zur gleichen Zeit, sind sich aber nie dort begegnet.
In der fiktiven Handlung erinnert sich Oberkellner Teodoro an drei verschiedene Begegnungen mit den beiden Komponisten, die seine Lokalität auf dem Markusplatz in Venedig besucht haben. Der erste Akt spielt 1858 in Venedig auf der Piazza San Marco im Sala Orientale des Caffè Florian, der zweite Akt im Sala Cinese mehr als zwanzig Jahre später, nämlich 1880, der dritte Akt 1883 im Sala delle Stagioni. Alle drei Akte stelle man sich mit dem gleichen Bühnenbild vor: Stühle mittig, Notenpulte mit vier Musikern; separat seitlich rechts Tisch und Stuhl mit einem Sprecher. Die Begegnungen sind humorvoll erzählt mit einer Mischung aus historischen Begebenheiten und frei erfundenen Episoden. Die Sprecher sind Karl Dietrich Gräwe (Teodoro) und Martin Seifert (Richard Wagner).
Zwischen den Textrezitationen spielt das Hornquartett German Hornsound Melodien von Verdi und Wagner, zum Großteil selbst bearbeitet. Die vier Hornisten Christoph Eß, Sebastian Schorr, Stephan Schottstädt und Timo Steininger spielen bei dieser Aufnahme mit strahlender Kraft. Für einen Live-Auftritt wäre viel Ausdauer von Spielern und Zuhörern zugleich verlangt. Die Doppel-CD hat immerhin eine Gesamtspielzeit von fast eindreiviertel Stunden!
Das abendfüllende Werk ist zwar lang, aber keineswegs langweilig. Die heiteren Texte Dialoge zwischen Wagner und Verdi, die an einen Wettstreit erinnern , lassen den Zuhörer schmunzeln. Exemplarisch ein Zitat von Wagner:
aber in der Oper lasse ich singen. Man soll alles Mögliche denken, aber nichts Genaues verstehen.
Die Hornisten zeigen in den anspruchsvollen Arrangements, die in einem Zeitraum von nur sechs Monaten bearbeitet und eingerichtet wurden, ihr beeindruckendes technisches Können. Insgesamt sind 25 Musiktitel eingespielt. So beginnt und endet die Kammeroper mit einer interessanten Mischung aus Wagners Tannhäuser-Ouvertüre und Verdis La forza del destino. Melodien aus Der fliegende Holländer, La Traviata, Lohengrin, Rigoletto u.a. sind ebenfalls zu hören.
Das Libretto schrieben Herbert Rosendorfer und Karl Dietrich Gräwe. Sebastian Schorr zeigt Talent nicht nur als Hornist, sondern auch als Illustrator: Alle Zeichnungen stammen von ihm. Der informative Einleitungstext und die Biografien im Booklet stammen von Diether Steppuhn und sind in die englische und italienische Sprache übersetzt. Auch das komplette Libretto ist im Booklet abgedruckt, angereichert mit Fotos von der beiden Komponisten und der Hornisten.
Das Projekt ist sehr gelungen und unterhaltsam und bereitet viel Freude beim Zuhören.
Thomas Swartman


