European Standard Time

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Telos Music TLS 159
erschienen in: das Orchester 01/2012 , Seite 71

„European Standard Time“ nennen Martin Sasse (Klavier), John Goldsby (Kontrabass) und Hendrik Smock (Schlagzeug) den vorliegenden Tonträger. Es handelt sich um ein im Jahr 2009 mitgeschnittenes Konzert. Der Name der CD gibt den Inhalt des Programms treffend wieder. Das Trio spielte keine Songs aus dem American Real Book, sondern Martin Sasse ließ sich ausschließlich von europäischen Jazzmusikern Leadsheets zuschicken. Die interessantesten Kompositionen wählte er aus und bearbeitete sie für sein Jazztrio, wie er im Booklet schreibt.
Der Pianist will mit diesem Projekt seine „aktuelle“ Heimat als Jazzmusiker in Europa künstlerisch reflektieren. Bei der Auswahl der Stücke achtete er darauf, aus möglichst vielen Ländern Kompositionen im Programm zu haben. Die Komponisten sollten zudem unterschiedliche Inst­rumentalisten sein. Um diesen Prozess auch als Zuhörer nachvollziehen zu können, wird hinter jedem Titel der Komponist, das Land und das Instrument genannt.
Die Namen hinter den zehn Titeln lesen sich wie ein Who’s Who der vor allem jüngeren europäischen Jazzszene. Neben einer Eigenkomposition des WDR-Bigband-Bassisten John Goldsby und einer Eigenkomposition von Martin Sasse finden sich Namen wie Bert Joris (Trompete/Belgien), Roman Schwaller (Saxofon/Schweiz), Alan Botschinsky (Trompete/Dänemark), Rosario Guiliani (Saxofon/Italien) oder der Gewinner der Thelonious Monk Competition von 1995, Jesse van Ruller (Gitarre/Nieder­lande). Dementsprechend klingt auch die CD erfrischend vielseitig und modern.
Dies ist neben der Qualität der Kompositionen auch der Qualität dieses Trios zu verdanken. Die drei Musiker spielen auf höchstem Niveau traumwandlerisch zusammen. Es ist eine Freude zu hören, was sie aus den oben erwähnten Leadsheets gemacht haben. Sie präsentieren mit diesem Programm in einer der klassischsten Jazzbesetzungen, dem Klaviertrio, eine Musik, die moderner und zeitgemäßer nicht sein könnte. So verwundert es auch nicht, dass Martin Sasse mit vielen der international bekanntesten Jazzmusiker schon spielte und spielt. Hier seien besonders Al Foster, Charlie Mariano oder die „New York Voices“ genannt. Dies trifft selbstredend auch für den Amerikaner John Goldsby zu, der als einer der international bedeutendsten Kontrabassisten gilt. Er hat mit George Benson, Larry Coryell oder Benny Goodman zusammengearbeitet. Hendrik Smock kann ebenfalls auf eine lange Liste international bekannter Jazzmusiker wie David Liebman oder Michael Brecker verweisen, die seine Dienste als Schlagzeuger in Anspruch nahmen und nehmen.
Die vorliegende Aufnahme ist absolut empfehlenswert. Sie besticht durch die Interaktion innerhalb des Trios, die Songauswahl und die Improvisationen der Musiker. Trotz der verschiedenen Komponisten klingt die Einspielung wie aus einem Guss. Hut ab!
Ulrich Falk

Page Reader Press Enter to Read Page Content Out Loud Press Enter to Pause or Restart Reading Page Content Out Loud Press Enter to Stop Reading Page Content Out Loud Screen Reader Support