Mendelssohn, Felix

Concerto for violin, piano and strings / String Quintet Nr. 2

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Claves 50-1102
erschienen in: das Orchester 01/2012 , Seite 67

Bei der Komposition des Konzerts für Klavier, Violine und Streichorchester d-Moll, das wenig später noch um zwölf Bläserstimmen und Pauken ergänzt wurde, war Felix gerade einmal 14 Jahre alt. Das Streichquintett B-Dur op. 87 komponierte er zwei Jahre vor seinem Tod. Hört man die beiden Werke in der Einspielung der Camerata Bern direkt nacheinander – was das Streichquintett angeht in einer chorisch besetzten Streich-
orchesterfassung –, so spricht nichts dafür, dass Mendelssohn den jugendlichen Schwung seiner einstigen musikalischen Gehversuche gut 20 Jahre später etwa hinter sich gelassen hätte. Das Streichquintett, insbesondere das abschließende Allegro molto vivace, ist gezeichnet von einer unbändigen Lebensfreude und von übermütigem Überschwang.
Antje Weithaas, die künstlerische Leiterin der Camerata Bern, weiß genau um die Befindlichkeit des Komponisten und vermag mit ihren agilen Streichern eine fulminante Zugkraft zu entwickeln. Aber nicht nur der überbordende und nervige Schwung, auch der immense Schattierungsreichtum fasziniert. Die fesselnde Vielfalt der Gestaltungslösungen der Camerata Bern ist getragen von einer hoch analytischen Sicht auf die kleingliedrige Struktur des Phrasenbaus, deren klangliche Bögen mit hoher Sensibilität gespannt werden und sich voller innerer Logik zusammenfügen. In herausragender Balance von Form und Ausführung bekommt man mit der Camerata Bern auch die beiden Mittelsätze zu hören, das sehr durchsichtig aufgefächerte Andante scherzando und das mit der rechten charakterlichen Schwere gezeichnete Adagio e lento.
Auch im frühen Konzert für Violine, Klavier und Orchester d-Moll überzeugt im Orchestersatz eine bis ins kleinste Detail vordringende, schlank gehaltene Durcharbeitung der Struktur des Satzbaus, der hier allerdings gegenüber der musikalischen Fertigkeit des jungen Mendelssohn in vielen seiner Streichersinfonien bisweilen noch etwas ungelenk erscheinen will. Die beiden Solisten an Geige und Klavier sind in guter Balance eingebunden in den Orchestersatz und wahren unter sich eine diffizile Abstufung von Führungs- und Begleitrolle. Gegenüber dem weit gespreizten gestalterischen Ambitus ungestümer Wildheit und befriedeter Ruhe im Eingangssatz des Konzerts kennzeichnet den auf weite Strecken solistisch bestimmten und von Mozart’schem Geist beseelten Mittelsatz (Adagio) eine geradewegs ausgefuchste Geschmeidigkeit im Ausrunden der klanglichen Bögen und im gleichsam atmenden Nachzeichnen von sprechenden Phrasierungen. Im Finalsatz schließlich lassen Solisten und Orchester ein wahres Feuerwerk an wechselnden Ausdrucksphasen Revue passieren. Dem hohen Elan sei es zuzuschreiben, dass dabei manche Formulierung fast schon ein wenig schroff erscheinen will.
Thomas Bopp

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