Rózsa, Miklós / Béla Bartók / Tibor Serly
Viola Concerto / Viola Concerto / Rhapsody for viola and orchestra
Man kann es fast als Zeichen nehmen, dass Bartóks Violakonzert im Zentrum dieser CD steht obwohl es doch eher ein Phantom als ein vollkommener Korpus ist: Bartók hat es nie komponiert; er hat nur einen Entwurf und Vorstellungen von der Fertigstellung des Werks hinterlassen ein großer Teil des wesentlichen Materials befand sich lediglich im Kopf. (Peter Bartók).
Dennoch überragt das Konzert die anderen Werke und bündelt zudem, was alle drei prägt: Die Komponisten sind Ungarn; sie suchten in den USA den Neubeginn; sie blieben der Folklore als wesentlichem Element ihres Schaffens treu. Dazu kommt noch die enge persönliche Beziehung zwischen Béla Bartók und Tibor Serly. Der Jüngere, der verschiedentlich als Assistent für ihn gearbeitet hatte, stand Bartók und seiner Frau im New Yorker Exil von 1940 bis zu dessen Tod im September 1945 zur Seite. Das 3. Klavierkonzert hat er vollendet (17 Takte) und das Violakonzert aus der genauen Kenntnis von Bartóks Schaffen und Plänen zum dreisätzigen Virtuosenstück hergerichtet. Es zeigt die Abgeklärtheit des Spätstils, bringt den dunkleren, männlicheren Charakter des Instruments (Bartók) voll zur Geltung und hält sich in den lyrischen Monologen des 1. Satzes, in den Naturbildern des Andante religioso und im Tanzfest des Finales an den subtilen und kreativen Umgang Bartóks mit dem folkloristischen Material. Seit der Uraufführung (2. Dezember 1949) durch den englischen Bratschisten William Pimrose, der das Werk in Auftrag gegeben hatte, gilt die Version Serlys ein Eckpfeiler des Repertoires auch wenn sie in Frage gestellt wurde oder andere Versuche nach sich zog.
1946 bis 1948, in der Zeit der Ausarbeitung der Vorlage, komponierte Tibor Serly auch seine Rhapsodie über ungarische Volksmelodien, harmonisiert von Béla Bartók, und schuf einen brillant instrumentierten bunten Reigen von Bildern eines ländlichen Festes, in dem sich das Soloinstrument in allen Lagen und nach allen Regeln der Kunst tummelt.
Das große viersätzige Konzert (1980-1984) von Miklós Rózsa lebt vom Reiz starker Kontraste und der Nähe zur Filmmusik wie Korngold pendelte er zwischen verschiedenen Musiksphären und erhielt in Hollywood drei Oscars , von Farben à la ungherese und spätromantischer Klanglichkeit. Und Bartóks Konzert, das ursprünglich aus vier Sätzen bestehen sollte, wird ebenfalls als Vorbild spürbar.
Der international gefeierte englische Solist Lawrence Power er spielt auf einer seltenen Viola von Antoni Brensi aus dem Jahr 1610 lässt alle Werke zum Erlebnis werden: makellos und ausdrucksstark im Ton, technisch souverän, prägnant die Charaktere der Musik erfassend. Gemeinsam mit dem exzellenten norwegischen Orchester unter der Leitung des amerikanischen Chefdirigenten Andrew Litton präsentiert er eine Aufnahme, die durch ihre Klarheit und Tiefenschärfe besticht, deren Farben hell und kräftig strahlen und in der die konzertierenden Partner klanglich perfekt platziert sind. Eine Hochglanz-Platte!
Eberhard Kneipel


