Shadows
Baroque Music by Vivaldi, Blavet, Dieupart and Veracini
Freunde gediegener Kammermusik barocker Provenienz selten betretener Pfade kommen hier sicherlich auf ihre Kosten. Auf der CD des Münchner Labels Solo Musica mit dem wegen der durchgehend ausgewählten Mollwerke etwas düster anmutenden Titel Shadows nahm der derzeit als Solo-Oboist im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks in München tätige Ramón Ortega Quero selten eingespielte Musik auf. Ihm zur Seite stehen die junge Violoncellistin Luise Buchberger, die im Chamber Orchestra of Europe spielt, sowie der ebenfalls in München an der Jesuiten- und Hofkirche als Organist wirkende Peter Kofler am Cembalo.
Entscheidend war für den Oboisten die Liebe zur Barockmusik, eine Auswahl seiner Lieblingsstücke aus dem französischen und italienischen Repertoire zusammenzustellen, wobei er sich ausdrücklich für den Einsatz moderner Instrumente für Alte Musik stark machen will, weil er glaubt, dass Alte Musik auch auf modernen Instrumenten gespielt wunderschön klingen kann. Ob ers schon einmal versuchte, mit einem zeitgenössischen, klappenlosen Instrument zu spielen und den zart-fragilen und fein-näselnden Klang in sich einzusaugen?
Um keine Langeweile aufkommen zu lassen, wechseln sich die sechs Werke nach Land bzw. nach den vier verschiedenen Komponisten ab: mal mit französischem Gusto (Charles Dieupart, Michel Blavet), mal mit italienischer Spielfreude (Antonio Vivaldi, Franceso Maria Veracini), wobei es sich kurios genug nicht immer um originale Oboenmusik handelt, obgleich diese Epoche hierin eigentlich keinen Mangel hat. Lediglich Vivaldis Sonate in c-Moll RV 53 ist für das Doppelrohrblattinstrument komponiert worden, während dessen Sonata in g-Moll RV 28 ebenso ursprünglich für die Violine gedacht war wie Veracinis Sonata Nona in g-Moll von 1716, welche alternativ mit einer Flöte besetzt werden kann. Außerdem stammen die beiden Sonaten Seconda in e-Moll und Terza in h-Moll des im Jahr 1700 geborenen Meisterflötisten Michel Blavet aus dem Troisième Livre de Sonates op. 3 für Flöte und Basso continuuo, worüber im etwas schwammig formulierten Booklet nichts steht.
Überhaupt sind darin die Informationen recht sparsam, zumal der geneigte Hörer von den etwas unbekannteren Komponisten nicht einmal die Lebensdaten erfährt. Ärgerlich ist die fehlende Nummerierung in der Übersicht der immerhin 25 Einzelsätze. Wenigstens blicken Cellistin und Oboist romantisch-vertraut an einem ruhigen See mit hohem Lustbarkeitsfaktor durchs saftige Grün.
Ramón Ortega Quero musiziert dessen ungeachtet mit den beiden Künstlern nicht schlecht, er besitzt einen durchaus charmanten und liebreizenden Ton, intoniert in allen Lagen sehr sicher, manches ist auch virtuos und bemerkenswert, das jedoch im Gesamtkontext untergeht. Die relativ unbekannten Stücke wirken abwechslungsarm aneinandergereiht, sind ohne allzu großen Reiz und spannungsreiche Leidenschaft: hervorragend als Barock-Background oder zur traumseligen Entspannung auf einem kanapeefreundlichen Rückzugsgebiet geeignet.
Werner Bodendorff


