Hosfeld, Rolf (Hg.)
Kultur”ver”führer
Thater, Clubs, Museen, Kinos, Galerien, Events, Szene. Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Köln, Leipzig, Hamburg, München, Stuttgart
Ein weites Feld beackern die Kulturverführer, die der auf Kulturbücher spezialisierte Helmut Metz Verlag zu den Städten Hamburg, Berlin, München, Stuttgart, Köln, Frankfurt am Main, Düsseldorf und Leipzig anbietet. Mit vielen Fotografien illustriert wollen die umfangreichen Bände das kulturelle Leben der Städte beschreiben und fächern innerhalb einzelner Sparten Theater, Musik, Livemusik, Clubs, Kinos, Museen, Galerien, Literatur, Institutionen, Locations und Durchs Jahr kulturelle Schauplätze der jeweiligen Stadt auf. Im Falle des Hamburg-Bandes sind die zusätzlichen Sparten Kaufkultur und Maritimes enthalten.
Dabei legen die Macher der Bände einen durchaus streitbaren Kulturbegriff zugrunde, denn nicht jeder würde akzeptieren, dass bestimmte Discos, Clubs und Bars einer Stadt unbedingt Eingang in einen Kulturführer finden müssten. Die Reihe mit ihrem etwas effekthaschenden Titel geht offensichtlich von einem jüngeren und womöglich auch kaufkräftigen Lesepublikum aus, denn die Bände sind neben der reichen Bebilderung der vorgestellten Orte nicht nur mit Anzeigen einschlägiger Kulturinstitutionen, sondern auch mit Werbung für u.a. Designerleuchten, Hightech-Küchen und Glitzerschmuck ausgestattet.
Für alle Lesenden des Bandes suchen die Kulturverführer Antworten auf folgende Fragen: Was wird in einer Stadt an Kulturellem geboten? Wer steckt hinter den Organisationen? Für wen lohnt sich ein Besuch? Mit der jeweiligen Stadt vertraute Journalisten und Autoren haben kurze und meist auch kurzweilige feuilletonistische Texte über die Pilgerstätten des Vergnügens und der Bildung verfasst, die einzelnen größtenteils illustrierten Einträge sind mit den entsprechenden Detailinformationen zu Öffnungszeiten und Webseiten versehen.
Ein Nachrecherchieren ist für die Nutzer dringend angeraten, um nicht vor verschlossenen oder leeren Gebäuden zu stehen. Kultur ist dynamisch, ihre Zustandsbeschreibung in Büchern zwangsläufig statisch. Bei einer Prüfung des Frankfurt-Bandes der Reihe wird deutlich, dass die Informationen rund um die Kultur unter Umständen eine kurze Halbwertszeit haben, was der Verlag durch regelmäßige Auflagenaktualisierung auszugleichen versucht. Dennoch: Für den aktuellen Frankfurt-Band war der Redaktionsschluss am 31. Oktober 2004. Macht man nun die Probe aufs Exempel, stellt man fest, dass das Frankfurter Literaturhaus seit Ende 2005 nicht mehr in der Bockenheimer Landstraße residiert, sondern in den ehemaligen Portikus an der Schönen Aussicht umgezogen ist, der Portikus wiederum wird ab Mai 2006 ein neues Ausstellungsgebäude auf der Maininsel unter der Alten Brücke beziehen, die Denkbar, ein Ort des Philosophierens und Gedankenaustauschs, ist im Herbst 2005 von der Schillerstraße in den Bornwiesenweg umgezogen und heißt nun in Reminiszenz an Theodor W. Adorno Wiesengrund. Der Kunstverein wird ab 2006 nicht länger von Nikolaus Schafhausen, sondern von Chus Martinez geleitet, im Grüneburgpark wird demnächst ein Koreanischer Garten eröffnet, der anders als der Chinesische Garten im Bethmannpark noch keine Erwähnung findet.
So schnell ist in der Regel nur das Feuilleton selbst, was den Bänden nicht angelastet werden darf, man sollte sie aber eben keinesfalls als alleinige Wegweiser zu den Epizentren des kulturellen Stadtlebens verstehen. Ohnehin treibt die Kultur ihre Blüten wann, wo und wie sie will, und das bereits institutionalisierte und mit offizieller Postadresse ausgestattete Ausstellungs- oder Veranstaltungsgebäude ist nicht immer der Ort, an dem der kulturelle Puls der Zeit gerade pocht.
Brauchbarer erweisen sich die Bände da, wo die Geschichte und Geschichten eines Orts rückblickend erzählt und grundlegende Aspekte mit teilweise überraschenden Anekdoten verbunden werden. Man kann die Kulturverführer als Wegweiser durch den heimischen Kulturdschungel immer dann benutzen, wenn man Lust hat, etwas Neues zu entdecken. Ärgerlich sind allerdings die groben Schnitzer bei der Schreibung von Namen maßgeblicher Persönlichkeiten, wenn etwa im Berlin-Band der Dirigent Arthur Nikisch mal eben in Nikesch oder der Kunstsammler und Mäzen Heinz Berggruen in Hans unbenannt wird. Die bunt-poppige Aufmachung im Stil von Stadtmagazinen mag dem subjektiven Geschmacksurteil unterliegen, die mangelnde Sorgfalt in der Verwendung der Sprache stört auf jeden Fall.
Beate Tröger