Tessarini, Carlo
Concerto G‑Dur op. 1 Nr. 3
für Violine, Streicher und Basso continuo, hg. von Franziska Matz
> Gäbe es den Begriff des One Hit Wonders in der klassischen Musik, der Geiger, Kapellmeister und Komponist Carlo Tessarini wäre ein perfektes Beispiel dafür. Kaum ein etwas fortgeschrittenerer Geigenschüler dürfte sein Concerto in G‑Dur nicht schon während manch einer Unterrichtsstunde unter den Fingern gehabt haben und trotzdem (oder gerade deswegen?) hört man von Carlo Tessarini nichts im Konzert; weder das hier in einer Neuausgabe des Peters-Verlags vorliegende Konzert noch eines der anderen elf Schwesterwerke aus dem Opus 1 des in Rimini geborenen Komponisten, dessen genaue Lebensdaten nach wie vor unbekannt sind.
Der Vivaldi- und Corelli-Zeitgenosse, der in Italien, Deutschland, Frankreich und zuletzt bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts hinein in den Niederlanden wirkte, beginnt sein G‑Dur-Werk mit einem kraftvollen Tutti gerade so, als wollte er den beiden genannten, durchaus schon zu Lebzeiten berühmteren Landsleuten Konkurrenz machen. Auch in der Folge behält Tessarini einen robusten, direkten und klangstarken Satz bei, der nicht so sehr auf Virtuosität, sondern viel eher auf gut verständliche Melodielinie setzt. Das Largo ist schlicht, fast im Stil einer Kirchensonate gehalten und ermöglicht einen Ruhepunkt vor dem durchaus als Kehraus im Dreiachteltakt angelegten Finalsatz.
Da sich technische Anforderungen und musikalische Wirkung in hervorragender Balance befinden, musste Tessarinis G‑Dur-Concerto geradezu ein Hit der fortgeschrittenen Instrumentalausbildung werden. Ohne in hohen Lagen spielen zu müssen und ohne sich allzu vielen Herausforderungen auf dem Gebiet der Bogentechnik gegenüber zu sehen, kann der Nachwuchsgeiger hier bereits fundiert musikalisch arbeiten. Prägnante Kontraste in der Tonanlage werden dabei eine ebenso überzeugende Wirkung entfalten können wie klare rhythmische Konturierungen. Und wenn es dann doch schon ein Schuss Virtuosität sein soll, dann bietet dazu der Schlusssatz zum Beispiel auch mit geschmackvollen Verzierungen die ein oder andere Gelegenheit. In diesem Sinn vermag Tessarinis Komposition mit dem Schüler mitzuwachsen und ihn über mehr als nur eine kurze Periode zu beschäftigen.
Der von Roland Erben erstellte Klavierauszug im Stil eines Basso continuo, der auch Hinweise auf die originale Instrumentierung Carlo Tessarinis enthält, ermöglicht nicht nur generell eine alltagstaugliche Begleitung der Solostimme, er lässt die Violine auch viel plastischer wirken, da der Solist gerade in den Tuttiabschnitten immer präsent ist und sich die Klangwirkung nicht mit anderen Streichinstrumenten teilen muss. Auf der kurzen Distanz dieses dreisätzigen Konzerts mag das ein Vorteil sein, der zu weiteren Kontrastbildungen einlädt.
Daniel Knödler