Geering, Mireille (Hg.)
Als badischer Militärmusiker in Napoleons Kriegen
Balthasar Eccardts Erinnerungen an die Feldzüge nach Österreich, Preußen und Russland 18051814
Im Jahr 1805 entwickelte sich zwischen Napoleon Kaiser von Frankreich, und dem Kaiser von Oestreich ein Krieg und wir musten mit den Franzosen gegen Oestreich zu Felde ziegen, wo wir den ersten October aus unserer Garnison von Durlach Ausmarschierten, unser Kapelmeister blieb aber (weil er schon ein bejahrter Mann war) mit seiner Pention zu Hause. Und so begannen für Balthasar Eccardt aus Weißweil in Baden, dem Schreiber dieser Zeilen, knapp zehn Jahre des Soldatendaseins bei den Rheinbundtruppen: 1806 beim Feldzug gegen Preußen, 1809 gegen Österreich und ab 1812 gegen Russland. Doch Eccardt war kein gewöhnlicher Soldat, sondern badischer Militärmusiker, wurde als Hautboist bezeichnet, obwohl er doch die Klarinette spielte, arbeitete sich als solcher bis zum Kapellmeister hoch, wurde von russischen Militärmusikern, die ihn in ihre Reihen aufnahmen, vor dem wahrscheinlichen Tod durch Erfrieren oder Verhungern gerettet, und leitete in russischer Kriegsgefangenschaft eine Musikschule, um das Niveau der slawischen Militärmusik zu steigern.
Während all dieser Abenteuer scheint der 1782 geborene Musiker aber auch noch Tagebuch geführt zu haben, schrieb er seine Erlebnisse doch nach seiner Heimkehr im Jahr 1814 recht detailliert und chronologisch wohlgeordnet nieder, beschrieb Schlachten und politische Entwicklungen, aber auch etwa Aspekte der Lebensweise der Bewohner von Landstrichen, durch die das Heer zog und in denen es einquartiert war. Da kann man dann in durchaus gewählter Sprache, aber doch in ganz natürlich aus dem Leben gegriffenen Worten lesen, wie das russische Brot aussah, wie sich die Russen wuschen, aber auch, wie hart das Leben der Soldaten während der napoleonischen Kriege gerade im Winter war, wie sie froren und hungerten. Dabei gibt der badische Hautboist, wie er sich selbst nennt, viel von seinen Gefühlen preis, beschreibt Angst und Schrecken, aber auch die Sehnsucht nach Zuhause und seiner Familie, die er 1814 endlich in Rastatt gerührt wieder in die Arme schließen kann.
Diese Schilderungen erschienen bereits 1816 im Druck, doch schrieb Eccardt seine Erlebnisse vermutlich etwa zwanzig Jahre später noch einmal handschriftlich nieder. Beide Fassungen sind nun in diesem Buch abgedruckt und damit auch im Detail vergleichbar. Dazu bietet der Band noch diverse Hintergrundinformationen zu den politischen Entwicklungen, die zu den Kriegen geführt hatten und ihren Fortgang bestimmten, zur Militärmusik und ihrer Stellung innerhalb des Heeres, zum Verlauf der Feldzüge und zum schließlichen Scheitern der napoleonischen Eroberungspläne. Zeittafeln, ein ausführliches Register und ein Glossar militärischer Fachausdrücke ergänzen das Buch zu einem fundierten Werkzeug, mit dem man sich ein umfassendes Bild der napoleonischen Kriege machen kann.
Man kann aber auch einfach die durchaus spannenden, treffenden und klaren Schilderungen Eccardts ohne den wissenschaftlichen Unterbau lesen und wird daraus eine plastische Vorstellung von Krieg und Soldatenleben zu Beginn des 19. Jahrhunderts gewinnen.
Andrea Braun