Israel ist ein kulturelles Biotop, in dem sich musikalische und menschliche Einflüsse aus aller Herren Länder vermischen. Neben den fünf großen Orchestern im Land bestimmen auch zahlreiche kleinere Ensembles die Konzertlandschaft.
Der musikalische Austausch zwischen Israel und Deutschland lebt. Zahlreiche israelische Musiker studieren, leben oder arbeiten große Teile des Jahres hinweg in der Bundesrepublik, einige Deutsche zieht es derweil in den Mittelmeerstaat. Das Springen zwischen Mitteleuropa und dem Nahen Osten birgt viele Chancen ein gutes Organisationstalent vorausgesetzt.
Dan Ettinger wurde 1971 in Israel geboren. Weil seine Großeltern aus dem früher österreich-ungarischen, deutschsprachigen Czernowitz stammen, ist Dan Ettinger mit deutscher Sprache und Kultur aufgewachsen. Seine Musikerkarriere begann er in Israel als lyrischer Bariton. Er sang deutsche Kunstlieder von Schubert und Schumann, ein in Israel eher seltenes Genre. Als damaliger Musikdirektor der New Israel Opera in Tel Aviv fragte Asher Fisch den jungen Dan Ettinger, ob er am Haus als Chorleiter arbeiten wolle. Daraus wurde Ettingers Job als Dirigierassistent. 2003 wurde Ettinger von Daniel Barenboim als sein Assistent und Kapellmeister nach Berlin engagiert. 2005 wurde er Chefdirigent des Opernorchesters in Tel Aviv, dem Israel Symphony Orchestra Rishon LeZion. Seit der Saison 2009/10 ist Ettinger GMD am Nationaltheater Mannheim. Zudem wurde er 2010 auch Chefdirigent des Tokio Philharmonic Orchestra.
The Netanya Kibbutz Orchestra (NIKO) ist das einzige Orchester Israels, das auf Basis einer sozialwirtschaftlichen Siedlungsform gegründet wurde. Heute ist der Klangkörper ein kleiner Kulturbetrieb mit 41 Mitarbeitern die jedoch neben der Musik auch das Selbstverständnis der Kibbutzim im Land verbreitet.
Sie sind erfahren, engagiert und frei von Trends und Zwängen: 40 pensionierte Orchestermusiker bilden das Emeritus Chamber Orchestra in Tel Aviv. Unter ihrem Dirigenten Sam Zebba geben sie der Jugend und der Völkerverständigung eine Chance und spielen ansonsten für freie Kost und Logis.
Deutschlands Opernpublikum schenkt Richard Wagners Antisemitismus eigentlich wenig Beachtung. Oftmals wissen nur Kenner, dass Wagner seinerzeit aberwitzige, rassistische Hetze gegen jüdische Musik und jüdische Komponisten betrieb. Das ist in Israel anders. Zwar wissen auch hier nur wirklich Interessierte, was den Meister aus Bayreuth zu einem so beklemmenden und problematischen Fall gemacht hat. Aber in Israel gilt seit 1938 ein Tabu: Wagners Musik wird nicht gespielt. So beschloss es das damalig Palestine Symphony Orchestra, das heutige Israel Philharmonic Orchestra (IPO), nach den Novemberpogromen der “Reichskristallnacht”. Aus Respekt gegenüber den Holocaust-Opfern hält sich das Orchester bis heute daran. Doch immer mehr israelische Musiker vor allem jüngere beginnen, das Tabu zu hinterfragen.
Die musizierte Völkerverständigung, die das vor allem dank Daniel Barenboim beständig unter öffentlicher Aufmerksamkeit stehende West-Eastern Divan Orchestra mit seinem westlich-klassischen Repertoire zelebriert, lebt das Arab-Jewish Youth Orchestra durch seine Hinwendung zur traditionellen Musik. Mit arabischen, jüdischen und westlichen Instrumenten und Stücken zeigen die Jugendlichen, wie Zusammenleben und -wirken funktioniert.
Die Musikausbildung in Israel ist eine Medaille mit zwei Seiten: Während es im Schulalltag gar keinen Musikunterricht gibt, sind die Ausbildungsmöglichkeiten für potenzielle Profis enorm. So nehmen viele Orchester selbst in die Hand, was eigentlich Aufgabe des Staates sein sollte: die musikalische Erziehung der Kinder und Jugendlichen.
Eine gehörige Portion Größenwahn gehörte schon dazu, mitten in der Wüste Oper zu spielen. Doch die Erfahrungen haben bewiesen: Es klappt! 60000 Menschen sahen in diesem Jahr “Aida” vor dem Masada-Felsen am Toten Meer und kamen nicht nur in den Genuss einer exzellenten musikalischen Aufführung, sondern einer unvergleichlichen Atmosphäre an einzigartigem Ort. Eine Erfolgsgeschichte, die die fortgeschrieben werden soll.
Klassische Musik in den palästinensischen Autonomiegebieten gleicht einer zarten, jungen Pflanze, die man gut pflegen muss. In Ramallah widmen sich dem hauptsächlich zwei Stiftungen: die Barenboim-Said-Stiftung mit Hauptsitz im andalusischen Sevilla und die Stiftung Al Kamandjati mit Sitz in Paris und Ramallah. Im Vordergrund steht musikalische Bildung für den Nachwuchs. Es gibt aber auch einige Konzerte für ein sehr interessiertes und neugieriges Publikum.
