Dohmen, Andreas

tempo giusto/kuhlmann­kommentar/frottages/musik für gerhard richter

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Wergo WER 6568 2
erschienen in: das Orchester 03/2009 , Seite 62

Der Komponist Andreas Dohmen wurde 1962 in Viersen (NRW) geboren. Nach Studien an der Folkwang Hochschule in Essen erhielt er wesentliche Impulse durch ein Aufbaustudium bei Franco Donatoni in Mailand. Dohmen unterrichtet Musiktheorie an der Hochschule für Künste in Bremen, in den vergangenen zehn Jahren war er mit einigen Werken bei wichtigen Festivals für Neue Musik beteiligt. Vier dieser Werke sind nun als 69. CD in der Edition zeitgenössischer Musik erschienen. Die bei Wergo erscheinende Reihe wird vom Deutschen Musikrat seit 1986 herausgegeben, mit ihr erhalten junge deutsche Komponistinnen und Komponisten oft erstmals die Möglichkeit, sich auf Tonträgern einem breiteren Publikum zu präsentieren.
Auftaktstück der Porträt-CD von Andreas Dohmen ist seine Komposition tempo giusto für Orchester und solistisches Schlagzeugquartett, die zu einem beeindruckenden Plädoyer für die virtuose Handhabung des perkussiven Apparats wird. Sich spiralförmig windende Xylofonskalen und Instrumentalglissandi münden in sorgfältig ausgedämpfte Crotales-Arpeggien, miteinander konkurrierende Blechsignale werden mit Presswirbelattacken gekontert, permutierte Morserhythmen kommunizieren über auströpfelnden Flächen.
Die Musik von Andreas Dohmen hat eine große Körperlichkeit und besitzt bei aller Expressivität ein gutes Gespür für Proportion und Timing. Logische Entwicklungen und überraschende Momente wechseln sich auf spannungsvollste Weise ab. Stets drängt sie bei höchstem Tempo voran, nie scheint sie still zu stehen. Spielerische Virtuosität und eine Vorliebe für glitzernde Klangfarben prägen seine Musik. Dohmen versteht es aber auch, Inspirationen und Techniken aus Malerei und Literatur für seine Musik nutzbar zu machen: Frottagetechniken in musik für gerhard richter, Permutationen von Wörtern und Rhythmen in kuhlmannkommentar.
Wie die meisten Produktionen der verdienstvollen Edition zeitgenös­sischer Musik entstand auch diese in Zusammenarbeit mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, gleich vier Sendeanstalten (WDR, DLR Kultur, HR, SWR) steuerten Aufnahmen ihrer Orchester oder von Spezialensembles der Neuen Musik bei (Schlagquartett Köln; WDR Sinfonieorchester Köln, Ltg. Stefan Asbury; Neue Vocalsolisten Stuttgart; Trompete: Valentin Garvie, Posaune: Uwe Dierksen, Schlagzeug: Rumi Ogawa; Ensemble Modern, Ltg. Kasper de Roo; SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, Ltg. Lothar Zagrosek). Die geballte Kompetenz dieser Institutionen erklärt das außergewöhnlich hohe Niveau der CD, deren interpretatorische Leistungen keine Wünsche übriglassen und deren Klangbild mit großer Transparenz überzeugt.
Das vorzügliche dreisprachige Booklet bietet in der gebotenen Kürze die zum tieferen Verständnis der Musik dienlichen Informationen und vervollständigt den Hörgenuss mit einführenden Kommentaren, Notenbeispielen und einem Auswahlwerkverzeichnis.
Stephan Froleyks