Felix Draeseke
Symphonies op. 12 & 40/Piano Concerto op. 36/Symphonic Prologue Penthesilea/Overture Gudrun
Claudius Tanski (Klavier), Sinfonieorchester Wuppertal, Ltg. George Hanson
Felix Draeseke zählt heutzutage vielleicht nicht zu den präsentesten spätromantischen Sinfonikern, aber er ist einer, und er ist ernst zu nehmen. Daran erinnert das Label MDG, indem es jetzt Aufnahmen aus den Jahren 1999 und 2001 von Draesekes erster und dritter Sinfonie, seines Klavierkonzerts und zweier Ouvertüren neu erscheinen lässt. Vom musikalischen Standpunkt aus ist das mehr als Wiederverwertung alter Aufnahmen, denn die Darbietungen des Sinfonieorchesters Wuppertal unter George Hanson sind ein engagiertes und interpretatorisch überzeugendes Votum für Draesekes Musik.
Die Wuppertaler bieten einen zielstrebigen Ansatz ohne Patina, aber mit genug Gewicht, um Draesekes musikalische Ansprüche plausibel zu machen. Das bewährt sich bei der Symphonia Tragica op. 40. Der Titel scheint Gewichtiges anzukündigen (eigenwillige Ironie, dass das Werk in C-Dur steht), aber die Wuppertaler lassen sich davon nicht zu bombastischem Musizieren verführen. Die Darbietung ist minutiös ausgearbeitet und inspiriert musiziert, das klangliche Ergebnis lässt sich gut und gern hören. Sprudelnd, richtiggehend quirlig kommt das Scherzo daher, ebenso übrigens wie dasjenige der G-Dur-Sinfonie op. 12. Im Grave überschriebenen langsamen Satz der tragischen Sinfonie evoziert das feierlich intonierende Blech dunklen martialischen Glanz, ohne dumpfe Schwere aufkommen zu lassen. Solches Gleichgewicht von Dichte und Transparenz überzeugt auch in den Ecksätzen. Diese substanziellen, jeweils über zehnminütigen sinfonischen Gebilde erhalten den Raum, den sie brauchen, und werden zugleich intuitiv verständlich. Übrigens stellen die Beihefttexte von Matthias Schäfers einen ergänzenden Leitfaden durch Draesekes anspruchsvolle Konzeptionen, etwa die der Tragica, bereit und zeigen nebenbei auch, ein wie gewandter Erläuterer des eigenen Werks Draeseke war.
Interpretatorisch sind die Aufnahmen auf dieser Doppel-CD aus einem Guss; für die eingespielten Werke gilt das indes nicht. Gegenüber der geschlossen gearbeiteten Symphonia Tragica fällt das Klavierkonzert op. 36 allzu deutlich ab der Hauptgrund ist der zu oft unverbindliche, ja uninspirierte Klavierpart. Auf der Aufnahme kann daran auch Claudius Tanski nichts ändern, wenngleich er und das Orchester bestrebt scheinen, den oft eher losen Bezug zwischen den Parts so eng und kommunikativ wie möglich zu gestalten. Im zweiten Satz gelingen eindringliche Situationen zwischen Bläsern und Klavier, die klanglich fein ausgehört und abgestimmt sind, aber der Solopart stört das Bild zugleich auch durch seine repetitiv anmutende Faktur. Wenn man sich trotzdem an solchen beinahe intimen Situationen erfreuen kann, liegt das gewiss auch an der ansprechenden technischen Realisierung dieser Aufnahmen: Das Klangbild bringt Hell-Dunkel-Kontraste schön zur Geltung, ist glasklar, aber nicht ohne Wärme.
Gero Schreier