Beethoven, Ludwig van
Piano Concertos 1 & 2
Louis Schwizgebel (Klavier), London Philharmonic Orchestra, Ltg. Thierry Fischer
Durch jugendliche Frische und orchestrale Kraft überzeugen vom ersten Takt an die Neueinspielungen von Beethovens beiden ersten Klavierkonzerten mit Opuszahl. Der Schweizer Dirigent Thierry Fischer, der sich in Großbritannien u.a. als Leiter des Ulster Orchestra und des BBC National Orchestra of Wales einen Namen gemacht hat, nutzt die Möglichkeiten des London Philharmonic Orchestra auf das Vorteilhafteste, die präzisen Bläser, den samtigen, warmen Gesamtklang, der an die Academy of St. Martin in the Fields zu Glanzzeiten erinnert.
Klare Klangstrukturen sind denn auch die besondere Qualität besonders im ersten Konzert C-Dur op. 15; die einzelnen Instrumentengruppen sind nicht nur ausgesprochen klar definiert, sondern kommen auch in ihrer Farbpracht voll zum Zuge. Das Orchester reagiert auf den Punkt, und trotz der großen Aufführungsroutine verharrt kein Takt in bloßer Äußerlichkeit. Im zweiten Konzert B-Dur op. 19 sind nicht nur die Streicher leider hörbar weniger präzise. Auch die Klangschärfe fällt, möglicherweise durch Veränderungen der Mikrofonierung, dem ersten Konzert gegenüber ab. Hier drängt sich das Klavier deutlich stärker in den Vordergrund als beim ersten Konzert.
Der junge Schweizer Pianist Louis Schwizgebel, gleich mehrfach Preisträger zum rechten Zeitpunkt am rechten Ort, brilliert durch Virtuosität und feine Farbvaleurs, steigert aber auch die Architektur der Kompositionen nach Gebühr. Am stärksten überzeugt er in den poetischen Momenten (die langsamen Sätze sind die Höhepunkte der CD), ist im Passagenwerk gelegentlich noch einen Hauch äußerlich; vor allem auch seine Darbietung der Kadenzen ist noch nicht so erfüllt wie von einem gestandenen Interpreten der ersten Reihe.
Auch wenn die Musiker durch unbestreitbare Frische zu punkten versuchen, darf, muss man fragen, ob eine weitere CD-Veröffentlichung in dieser Tradition heute noch Neues bringen, neben den Referenzeinspielungen mithalten kann. Dem ist leider nicht so: Zwar haben wir hier fraglos eine interpretatorisch runde, im Großen wie im Kleinen insgesamt überzeugende Darbietung, aber keine neue Perspektive auf die beiden Werke (außer vielleicht im Finale des zweiten Konzerts, wo gelegentlich eher erratische Akzente gesetzt werden). Außerdem fällt bei der großen klanglichen Wiedergabetreue der Einspielung leider auf, dass der Flügel
in der extrem hohen Lage im Forte vom Klang her flach und schrill wird was gerade bei dem ästhetischen Ziel der Produktion in Bezug auf Klangopulenz entgegenläuft. Ein eher pflichtschuldiges denn inspiriertes Booklet (das sich vor allem auf den Solisten fokussiert) komplettiert den nicht herausragenden Gesamteindruck.
Jürgen Schaarwächter