Parable

Original Works for Brass Quintet. Werke von John Cheetham, Eugène Bozza, Leonard Bernstein, Vincent Persichetti u. a.

Rubrik: CDs
Verlag/Label: audite 92.525
erschienen in: das Orchester 03/2006 , Seite 88

Kann man dem Publikum zeitgenössische Originalkompositionen für Blechbläserensemble zumuten? Ja, man kann – dies beweist das Brass Quintet München mit ihrer CD Parabel. Hervorragende Kompositionen und Interpreten treffen hier aufeinander. Es wird Zeit, dass die Gilde der Blechbläserensembles aus dem Schatten der Bearbeitungen heraustritt und die speziellen technischen und klanglichen Möglichkeiten dieser Formation in geeigneten Werken Anerkennung finden.
Der Posaunist Thomas Horch hat diese Solistenformation mit den Trompetern Hannes Läubin und Thomas Kiechle, Luiz Garcia (Horn), Alexander von Puttkamer (Tuba) und sich selbst zusammengestellt. Die selbst gestellte Aufgabe, Originalkompositionen für Blechbläserquintett auf eine CD zu bannen, ist dem Quintett hervorragend gelungen. Die sehr gelungene Literaturauswahl verlangt höchste musikalische und technische Qualitäten. Es bleibt kein Wunsch offen. Das Hybrid Multichannel (SACD)-Aufnahmeverfahren kommt den Blechbläsern sehr entgegen. Allerdings wirkt die Akustik in den langsamen Sätzen manchmal etwas „trocken“.
Das Eingangsstück, A Brass Menagerie von John Cheetham, zeigt gleich, wo es lang geht. „Molto Allegro ed Energico“ ist der erste Satz überschrieben, und genauso geht er los. Präzises, technisch perfektes Staccato lässt aufhorchen. Weiter geht es klanglich sehr ausgewogen und mit differenzierter Dynamik. Ein für Blechbläser sehr dankbares Stück.
Frisch und frech beginnt die Sonatine von Eugène Bozza. Im zweiten Satz wird, getragen von tiefen Klängen, eine ernste Geschichte erzählt. Eine großartige Klangentwicklung beendet diesen beeindruckenden Satz. Der Beginn des vierten und letzten Satzes erinnert augenzwinkernd an die Götterdämmerung. Dann erscheint das vor allem Trompetern so bekannte Signal aus anderen Werken des Komponisten, danach nimmt der Satz einen ganz anderen Verlauf, bis hin zu spanischen Anklängen.
Die folgende Dance Suite von Leonard Bernstein besteht aus fünf sehr kurzen tänzerischen Sätzen mit, wie zu erwarten, leichten Jazzanklängen. Eine typische Bernstein-Komposition. Das für den Titel der CD verantwortliche Stück stammt von Vincent Persichetti. Dieses frei strukturierte und sehr modern komponierte Stück fordert die gesamte Bandbreite der Klangmöglichkeiten der Blechbläser. Sieben unterschiedliche Dämpfer werden gefordert, um die kreativen Klänge darzustellen.
Witold Lutosl´awski komponierte für den Geburtstag der Frau von Phillip Jones eine Mini Ouverture. Hier sind alle Quintettmitglieder solistisch gefordert. Kleine Häppchen von Kinderliederversatzstücken unterbrechen immer wieder die frechen Dissonanzen in Four Outings for Brass von André Previn. Diese Motive ziehen sich durch alle Sätze.
Komponierte Querschläger (Ricochet) von Kerry Turner leiten den „Rausschmeißer“ ein. Hier wird noch einmal deutlich, welche grandiose Entwicklung die Blechbläser-Kammermusik genommen hat. Sie braucht sich keinesfalls hinter anderen Kammermusikformationen und -kompositionen der heutigen Zeit zu verstecken.
Michael Schmidt