Petrat, Nicolai
Glückliche Schüler musizieren besser!
Neurodidaktische Perspektiven und Wege zum effektiven Musikmachen
Bereits die Einleitung öffnet ausgesprochen einleuchtend den Fragehorizont: Kognitive Leichtigkeit, so wird hier der Nobelpreisträger Daniel Kahneman zitiert, ist sowohl Ursache als auch Folge einer positiven Gemütslage. Übertragen auf Prozesse des Musiklernens meint das: Musik bringt unser Gehirn, was lange schon bekannt ist, dazu, Glückshormone zu produzieren. Beim aktiven Musizieren, so Nicolai Petrat, seines Zeichens Professor für Didaktik der Musik an der Hochschule für Musik und Theater Rostock, handele es sich aber um einen Wechselprozess, insofern ein positiv gestimmtes Gehirn (eben auch) Voraussetzung dafür ist, effektiver und künstlerischer Musik machen, sich also musikalisch ausdrücken zu können.
Mit dieser These verbunden sind Leitfragen, die einen durch die klug und übersichtlich strukturierten insgesamt sechs Kapitel und entlang einer Vielzahl von Informationen, Untersuchungsergebnissen, Argumenten und schließlich didaktischen Schlussfolgerungen begleiten: Welchen Einfluss haben Glückshormone auf die funktionelle Architektur unseres Musikgehirns? Wie kann man als Instrumentallehrer den Unterricht so gestalten, dass diese funktionelle Architektur besser zum Tragen kommt?
In seinen Ausführungen spannt der Autor dabei den Bogen vom Ausgangspunkt einer genetischen bzw. evolutionären Grundprägung (Musik als Überlebensmittel) über gehirn-physiologische Zusammenhänge bis hin zu neuroästhetischen Dimensionen sowie zuletzt ganz pragmatischen Tipps zur Gestaltung von Lernsituationen im Instrumentalunterricht. Vom Einfluss der Glückshormone auf die Neuronenaktivität im Gehirn und damit auf die Leistungsfähigkeit (Bedeutung etwa der Produktion von Neurotransmittern wie Dopamin und des Limbischen Systems als Gefühls- und Belohnungszentrum) ist also genauso zu lesen wie vom engen Zusammenhang zwischen Bewegungserfahrungen und der Entstehung von Glücksgefühlen oder einer intakten Herausforderungs-Könnens-Balance als wesentlicher Voraussetzung für Glücksempfinden.
Auf der Grundlage solcherart neurowissenschaftlicher Erkenntnisse und des Wissens über musikbezogene Gehirnaktivitäten gewinnt Petrat schlussendlich basale pädagogische, handlungsbezogene Leitlinien, die auf eine Optimierung der psychisch-seelischen Verfassung der musizierenden Schüler zielen (also etwa Verknüpfen und Andocken, Muster erkennen, Antizipation, Wiederholung, Zusammenhalt durch Emotionen und anderes mehr). Wobei die allenthalben verwendete Formulierung vom effektiven Musikmachen möglicherweise missverständlichen Leseeindrücken mag hier vorgebeugt sein nicht etwa einem Effizienz-Denken huldigt, das musizierende Kinder zu Höchstleistungen antreiben will. Didaktisch genauso kompetent wie motivierend ist es Nicolai Petrat in seinem Buch vielmehr darum zu tun, fundiertes Hintergrundwissen in praktisch-wirksame Anregungen zur Verbesserung der Musizier- und Unterrichtspraxis zu überführen auf dass musikalisches Potenzial sich adäquat und vollständig entfalte.
Gunther Diehl