Wagner, Richard
Das Rheingold
Gleich aus mehreren Opernhäusern erscheinen zurzeit Neuproduktionen von Wagners Ring des Nibelungen als Mitschnitt auf CD oder DVD. So sinnvoll es sicherlich ist, spektakuläre szenische Lösungen wie die von La Fura dels Baus aus Valencia größeren Publikumskreisen zugänglich zu machen, so sehr muss man sich fragen, ob es wirklich notwendig ist, jeden neuen Ring auf CD, also aufs Akustische reduziert, zu veröffentlichen.
Der Hamburger und der Frankfurter Ring erscheinen nun sogar bei dem gleichen Label, nämlich Oehms Classics. Natürlich spielt da auch Lokalpatriotismus eine gewisse Rolle; als Sponsor der Frankfurter Aufführung wird im Booklet kulturfonds frankfurt rheinmain genannt.
Keineswegs selbstverständlich ist es, dass sich die Frankfurter Aufnahme des Rheingold überhaupt nicht hinter der aus Hamburg verstecken muss. Ganz im Gegenteil: Frankfurt bietet ein homogeneres Solisten-Ensemble und das bessere Orchester. Es ist schließlich kein Zufall, dass das Frankfurter Opern- und Museumsorchester zum zweiten Mal hintereinander bei einer Kritiker-Umfrage der Zeitschrift Opernwelt zum Orchester des Jahres gewählt wurde.
Seine Qualitäten kann das Orchester nun auch im Rheingold voll ausspielen: Ein transparenter, homogener Klang, unterstützt durch eine perfekte Tontechnik, sowie traumhafte Übergänge (Walhall-Thema zu Beginn des zweiten Bildes!) zeugen von dem außerordentlichen Niveau, auf dem man hier musiziert. Das ist zu einem Großteil natürlich auch das Verdienst des Dirigenten Sebastian Weigle, der einen kammermusikalisch durchstrukturierten Klang anstrebt und dabei eher getragene Tempi bevorzugt. Das muss per se noch kein Nachteil sein; an zwei Schlüsselstellen erweist er sich damit aber einen Bärendienst: Wenn er bei Immer ist Undank Loges Lohn schon sehr langsam anfängt, ist es schwer möglich, einige Takte später die Partiturangaben langsamer, dann immer breiter und schließlich sehr breit schlüssig umzusetzen. Auch Alberichs Fluch ist zu zerdehnt, wirkt wenig gefährlich, fast gemütlich. Ob es vielleicht auch durch die Inszenierung bedingt ist, dass diese Stellen so langsam genommen werden, kann man der CD natürlich nicht anhören. Jedenfalls ist es schade, weil dadurch die Sänger sowohl des Alberich (Jochen Schmeckenbecher) als auch des brillanten Loge (Kurt Streit) an diesen entscheidenden Stellen ihre Möglichkeiten nicht voll ausschöpfen können.
Überhaupt bietet die Produktion bei den Sängern ein erfreulich hohes Niveau ohne Ausfälle. Leider ist es nicht möglich, hier alle Solisten zu würdigen, und so sei neben den beiden bereits genannten nur noch das Götterpaar erwähnt: Terje Stensvold lässt bereits durch sein eher lyrisches Timbre erkennen, dass Wotan eben kein Despot ist, und Martina Dike zeigt als Fricka mit sonorem Mezzo wirkungsvoll, wer im Hause Walhall die Hosen anhat (in der Walküre wird sie dazu sicher noch mehr Gelegenheit haben).
Insgesamt eine eindrucksvolle CD-Einspielung, die das Niveau der Frankfurter Oper auch überregional bestens dokumentiert.
Thomas Lang